Porqué sí! – Blog2006 – Der letzte für dieses Jahr

Donnerstag 28. Dezember 2006

Ja ich habe Weihnachten gut verlebt, war es doch nicht annähernd so omnipräsent, wie im christlichen deutschland.
Kein gedrängel in vollen einkaufsmärkten, auch kein glühwein auf dem weihnachtsmarkt, kein stollen, keine geschmückten strassen und plätze..nicht einmal weihnachtliche musik…reaggaton und salsa..wie immer..doch halt..ein paar mickrige plastebäumchen in den häusern und hütten..mal kitschig mal geschmackvoll geschmückt, kündigen von la Navidad…

Mein kleines bäumchen..zum glück kann ich das schlechte elektronische gedudel und die wilden blinken rot-blau-orangen lichter ausstellen..

Weihnachten in kuba erstreckt sich auf die heilige nacht und den 25. dezember. Am heiligabend versammeln sich die meisten familien, um gemeinsam zu abend zu essen..so auch wir. Wir, das sind christin, reinier, manolo und ich. es gibt das was es immer gibt..reis mit schwarzen bohnen..frittierte bananen, tomaten-avocadensalat und huhn. Ausnahmsweise nicht frittiert, entgegen der typisch-kubanischen art, nein geschmort im schnellkochtopf..sogar mit soße. Dazu mojito. Na gut..nicht ganz das, was ich sonst zu heiligabend verzehre aber es ist lecker und macht auch satt…auf grund des mangelnden dominospiels, kann ich die anderen glatt dazu bewegen mit mir in die kirche zu gehen..ja ich bin jetzt heilig.. 😉
Oder es interessiert mich einfach, wie die kirchen in kuba von innen aussehen und was die menschen dort zu weihnachten machen..also los geht’s zur ersten kirche..der kirche von carmen..voll! kein sitzplatz für einen alternden deutschen austauschstudenten….auch das angemessene kleidung hier eine frage des persönlichen empfindens zu sein scheint, bemerke ich sehr zügig..die adipöse dame mittleren alters, gezwängt in ein neon-gelbes stretch-mini-kleid lässt keine zweifel übrig…doch wir haben ja weihnachten..nicht! also wieder nach vorne geschaut, und tatsache..da beginnt tatsächlich musik zu spielen und gesang setzt ein..schuberts „ave maria“, gefolgt von „stille nacht – heilige nacht“ zwar ist das alles auf spanisch, doch lösen die beiden lieder tatsächlich weihnachtliche gefühle bei mir aus und ja, fast wehmut…die sich in verzweiflung wandelt, als im anschluss mexikanische weihnachtslieder repetiert werden. Geschmackssache! Meinen treffen sie nicht..und als kinder im pippi-langstrumpf kostüm im hopserlauf um den alter, die provisorische bühne, hüpfen..da fällt der abschied nicht schwer!

Die kirche von carmen…war aber keine carmen weit und breit zu sehen…

Zum glück gibt’s ja noch die kathedrale..auch eine katholische kirche, wesentlich größer und auch die stimmung ist viel ernsthafter und feierlicher…komme ich doch gerade im rechten moment an, um einen der 4 kardinäle kubas, resident in sta clara, im weihrauchdunst in zum altar ziehen zu sehen…auch hier wird gesungen..doch eher traditionell..aus dem liederbuch..und anschliessend wir gesprochen, langsam und monoton..heisst das gepredigt? Hm..so hatte ich mir das nun auch nicht vorgestellt. So eilen wir von dannen..

Die kathedrale macht da doch schon einen etwas solideren eindruck..

Der heilige kardinal höchstpersönlich..so nun bin ich gesegnet und mir kann nichts mehr gross passieren..hatte auch gleich gestern einen 3er im lotto..

Eine der lustigen bands, die in euren reiseführern sind, die immer für touristen spielen..man beachte die freundlichen, enstpannten, lustigen gesichter… 😉

Hm..ich dachte ja erst das sei mein weihnachtsgeschenk..aber da hat sich der weihnachtsmann wohl vertan..und von wegen alte amischlitten sind in..der kenner fährt opel!

ab in den parque, wo der pöbel weilt und zu europäischer, veralteter popmusik und reaggaton (die inhalte des kubareaggatons ähneln in beängstigender weise schlechtestem berliner gangster hip-hop) seine körper bewegt…zum glück sind auch so viele menschen da, dass nicht einmal ein platz auf der bank für uns frei ist…und es gibt viele bänke dort..vielleicht lässt sich ja im einzigen café der stadt noch ein heisses getränk abfassen. Weit gefehlt. Kein platz. So sind wir zeitig, kurz nach 12, wieder bei christin in der casa und ich liege weihnachtlich in meinem bett. Ein beeindruckendes weihnachten!
Der nächste tag bringt reichlich sonne und ein nur einstündiges warten auf den bus zur universität mit sich. Mein weihnachtsgeschenk scheint ein sitzplatz im bus zu sein…danke! Doch auf einmal eilt eine junge frau mit einem neugeborenen in letzter sekunde in den bus..die guten sozialisten springen auf und schreien: auf, auf..macht platz für die frau..gebt ihr einen sitzplatz…“ angesteckt von der euphorie und im zuge geistiger umnachtung biete ich ihr meinen sitzplatz an, den sie danklos annimt! Bitte schön! Ja und auch die anderen menschen setzen sich wieder…ich stehe! Ja hier wird die solidarität untereinander gross geschrieben!

Mittlerweile haben wir Mittwoch und auch david und seine eltern, nebst kleiner schwester, sind mit ihm in sta clara..so komme ich doch glatt in den genuss mit ihnen in ihrem mietwagen – fast so wie ein eigener wagen..nicht warten..nicht bestechen..nur höllisch aufpassen beim fahren..sollte man einen kubaner anfahren, wie auch immer, die schuld liegt immer beim ausländer, so darf man das land nicht verlassen, bis der kubaner nicht wieder vollständig genesen ist und muss für alle kosten aufkommen.. – zu den cayos (die kleinen trauminseln) zu fahren. Ja bloss das wetter will nicht mitspielen..trüb und kalt so kommt es daher und so wird entschieden zum nicho zu fahren. Ein berg mit wunderschönen wasserfällen soll es sein..und das mir als norwegen-erfahrenem wanderer..na das wollen wir doch mal sehen..
Dank der äusserst ungenauen wegbeschreibung und der quasi nicht vorhanden ortsausschilderung, verfahren wir uns schon, bevor wir sta. clara verlassen haben und sind somit nach 3 und nicht wie geplant 2 stunden..nei nnoch nicht am berg..erstmal an dem dorf, von dem aus es dorthin geht. Ein zentrum des tourismus soll es sein..und die lustigen kubaner schicken uns auf nachfrage auch immer weiter den weg entlang..doch merkwürdigerweise sind wir das einzige auto, dass den weg entlang fährt..gut, es könnte an dem schlechten wetter liegen..oder aber an den so schlechten strassen, dass wir das auto stehen lassen müssen und mit der angst weitergehen, beim der rückfahrt nicht mal mehr die berge hochzukommen. Also laufen wir den letzten kilometer im nationalpark. Angekommen beim naturpfad, der zu den „atemberaubenden“ wasserfällen führen soll, gibt’s doch glatt jemanden, der eintritt verlangt. 5$ pro person..als wir ihm unsere studentenausweise zeigen, ermäßigt er ihn gnädigerweise für uns auf 2,50$. Wir geben im 5 Peso (20cent), den regulären preis, und gehen mit davids kleiner schwester rein. Seine eltern sind aus mir unverständlichen gründen die 5$ zu bezahlen und kehren schon zurück zum auto.

Im kubanischen dschungel und nieselregen, kommt glatt regenwaldgefühl in einem hoch..und gerne würde ich jetzt beschreiben, wie atemberaubend die wasserfälle waren und dass wir uns stundenlang nicht von ihnen trennen konnten. Doch tatsächlich sind wir noch einer kubanischen, nach bier und rum riechenden, reisegruppe begegnet, haben uns alle wasserfälle (ca 3) in 10 minuten angesehen und sind dann wieder zurückgegangen…

Der „gute“ weg…

Revolucion:
Ist den historischen moment zu fühlen
Ist alles das zu ändern, was geändert werden muss!
Auch mitten in den bergen..und da es nichts gibt was geändert werden muss, ändert auch keiner etwas!

Nationalpark live – die säugende sau am strassenrand..und nein für die mussten wir ausnahmsweise nichts bezahlen!

Nur weil wir unser auto im angesicht von 60 cm tiefen spurrinen stehen lassen, heisst das noch lange nicht, dass die kubaner da nicht durchkommen!

Davids kleine schwester..ich dachte erst die kubaner wollen mich verscheissern und das sei ihr wasserfall im hintergrund…

Das sind sie also..die wasserfälle..drei stk..ein paar teiche..dazwischen glitschige steile wege aus pflastersteinen..nun war das wetter wirklich bescheiden, mit sonne und nem picknickkorb hätte ich es das bestimmt länger ausgehalten…

Sicherlich..die gegend ist ohne zweifel beeindruckend! Die berge und die flora im saftigesten grün…doch die allgegenwärtige frechheit, mit der der gemeine tourist hier empfangen wird..davids eltern sind so hochgradig besgeistert von kuba, zumindest im moment, dass sie am liebsten wieder im flieger nach hause sitzen würden und urlaub in deutschland machen wollen. Also ich kann das nicht verstehen! Wo in diesem land das preis-leistung-verhältnis doch so ausgewogen ist. Und als tourist sich einem keinerlei schwierigkeiten in den weg stellen…Viva Cuba! Viva cuba libre!
Nun ist es fast soweit, dass jahr neigt sich dem ende zu..und ich habe nur noch (oder sind es bloss noch) 1,5 monate im sozialismus…auch kommen noch zwei deutsche besucher und mit ihnen, werd ich mir noch etwas die touristischen sehenswürdikeiten angucken..insofern sie sehenswert sind!
Vom guten fidel gibt’s immer noch nichts neues..ich denke ja, dass er schon..naja..ihr wisst schon..dann wird vllt noch das neue jahr abgewartet und dann..hm..na mal sehen…

Ich weiss noch nicht genau, wann ich wieder in den genuss von internet kommen werde, und daher verabschiede ich mich..zumindest für dieses jahr 😉

Euch allen einen guten Rutsch ins Neue Jahr & ein gesundes, erfolgreiches Jahr 2007!

Steffen

ps..na gut einen hab ich noch..so was lustiges fürs neue jahr…da sitzen wir doch neulich im spanischunterricht und lesen einen text über menschen und völkerrechte..anschließend sollen wir diskutieren. nun gut die grundlegende schwierigkeit ist nicht die sprachliche, sondern die inhaltliche anforderung..kurz und gut, wir merken an, dass in diesem lande ja auch nicht alle menschenrechte die höchsten güter sind..verwundert fragt uns unsere professorin, wie wir darauf kommen und wir mögen doch beispiele nennen..ha nichts einfacher als das! informationsfreiheit. wir bemängeln die beschränkte auswahl an tageszeitungen und den begrenzten inhalt sowie die eingeschränkte nutzung des internets. antwort: die kubaner wollen nur diese zeitungen lesen die sie haben und kuba bezahlt für die nutzung der internetseiten, aber eben nicht für alle, darum könne mann nicht auf alle zugreifen..soso..das ist interessant. wir sind geschlagen und können diese schwerwiegende argumentation nicht widerlegen. also weichen wir aus auf den sektor der reisefreiheit..und erkundigen uns verwundert, warum diese eingeschränkt sei..antowrt: weil die kubaner kein geld haben um zu reisen! ach soooo…mensch, na gut dass wir mal gefragt haben, ach moment und was ist mit denen, die geld haben..warum dürfen diese nicht frei reisen? stille..mehr stille antwort: porqué sí! (darum..das ist so) ja klasse…welch wohl durchdachte begründung…zufriedengestellt verlassen wir die aula im lande der menschenrechte..

About Steffen

Born in 1980 in good old Magdeburg in the GDR (German Democratic Republic). Stayed there for a while, than went to Cuba for a few months. Afterwards finished my studies of business and computer science and started to work in a big consultant enterprise. Quit this job for obvious reasons. Due to the lack of goodwill at the ZVS I started to work as a freelancer in the sector of SAP consulting in Cologne. Planned to do this only for a few months, now nearly passed by two years. Well, time to move on...
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4 Responses to Porqué sí! – Blog2006 – Der letzte für dieses Jahr

  1. Volker Hett says:

    Klasse Bericht, so habe ich es mir vorgestellt. St. Clara scheint ja noch , äh, abgeschnittener zu sein als Matanzas, da gab es wenigstens Internet. Wenn auch meistens zu langsam um web.de oder gmx aufzurufen aber für eine shell zum Linuxserver des Kumpels in Bremen hat es immer gereicht. Wie in alten Zeiten, pine braucht nicht viel Bandbreite.

  2. Nieber says:

    TachSag mal, hast du meine Epost bekommen? Die, mit der von mir unter Einsatz meines Lebens organisierten Adresse in Havana? Ich hoffe du hast sie gebrauchen können.MatzePS: Nette Pose vorm Wasserfall!

  3. Anonymous says:

    na baby…gut reingerutscht? deine storry liest sich immer noch bombastisch… hab gehört der liebe volker war bei dir über silvester? heul schnief…will auch…hoffe dir gehts immer noch prächtig dort und du denkst auch mal an mich hier in dem schnöden deutschland…..bis denne….hab dich lieb bine….ps: ne nette mail wär mal wieder was tolles…grins….

  4. Ira says:

    Hey Großer,ein schönes Neues Jahr!!! Biste gut reingekommen? Wird mal wieder Zeit für einen neuen Bericht, also hau in die Tasten! Wo ist eigentlich das coole Bild von Dir mit Bart und Brille? Kannst das nicht wieder einstellen? Lass es Dir gut gehen!Mandar muchos saludosIra

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