Geschichten aus dem Sozialsimus, nächster Teil:

19.11.06

Am Donnerstag dem 16.11. war carnaval in der uni..das ist hier doch etwas anders als bei uns in deutschland. Im prinzip war das eine grosse unifeier, mit ständen von essen (highlight ist spanferkelbrötchen..reichlich brötchen und wenig spanferkel, aber lecker) und musike zum tanzen..vllt verkaufen die sogar alkohol..

Es gab diesmal sogar zwei tanzflächen und auch die musik wechselte erfreulicherweise..teilweise war auch „fast aktuelle“ elektronische musik zu hören..hingefahren sind wir im carreton, der pferdekutsche, dauerte fast eine dreiviertelstunde, weil die dinger oft langsamer sind als fahrradfahrer..aber schneller als laufen, billiger als ein taxi und wesentlich bequemer als der bus..der war an dem abend noch überfüllter, als er normalerweise schon überfüllt ist…zurück sind wir dann auch ziemlich früh gefahren, kurz vor 12, und haben tatsächlich einen fast leeren bus bekommen..das war das zweite mal seitdem ich hier bin! Ich werds mir rot im kalender anstreichen!

Klassisches transportmittel unserer wahl..die kutsche

Eine wiese, musik, kaum licht und haufenweise leute..ja und alkohol natürlich..schon gibt’s eine fiesta..zu sehen david (weisses hemd), christin (blond), sebastian (mit hemd) vor ihm seine freundin merlin, reinier (der dunkle mit dem finger), ist übersetzer an der uni und echt in ordnung..sowie noch ein, zwei andere..mehr oder weniger unbekannte..

David und seine „hässliche, schwarze“ freundin merky…die ist wirklich unglaublich hässlich.. 😉

Der Freitag verlief ganz ruhig, haben abends einen spaziergang gemacht und zum abschluss die französischen austauschstudenten getroffen. Mit denen bin ich dann noch in den parque gegangen. Eigentlich wollt ich ja früh ins bett..aber als die franzosen sich dann eine flasche rum für 6$ andrehen lassen haben (kostet normal 3,85 hahaha) hab mich mir noch kurz angeguckt was dann passiert..und siehe da nach zwei bechern sehr colahaltiger rum-cola-mischung da waren die jungs schon gut am limit…sind aber echt nette franzosen..sprechen spanisch und englisch und sind sogar weltoffen..sind bestimmt gar keine richtigen franzosen 😉

Gestern hab ich gewaschen! Auf dem bild ist meine waschmaschine zu sehen..ist eine typisch kubanische waschmaschine und der stöpsel ist ein mit einem stück lappen umwickelter rumkorken (ja es gibt hier rumflaschen, die verkorkt sind) ..da musst ich ja etwas grinsen…

Nach meinen häuslichen tätigkeiten, haben wir uns dann um 15 uhr im parque getroffen. Ziel: cienfuegos..touristenstadt am meer, dadurch viele restaurierte bauten aus der kolonialzeit..grund der reise: partizipation an der kubanischen kultur..will heissen, wieder carnaval! 😉 naja und die stadt angucken!
Also auf zum terminal..nicht etwa um einen bus zu bekommen..da müsste man wohl eine woche vorher reservieren..nein es gibt diese staatlichen taxis, alte amischlitten, natürlich in keinem guten zustand, für 6-7 personen..4 hinten, 2-3 vorne plus fahrer..ausländer dürfen die eigentlich nicht benutzen, aber da wir studenten sind und diese tollen ausländerausweise haben geht das in ordnung. Mehr od weniger. Die taxis fahren, so wie busse, feste routen, in der stadt oder auch zwischen den städten und nur wenn sie genug leute haben. 6-7 also..da wir schon 5 waren (Christin, David, Merky, Sebastian und ich) sollte das kein problem darstellen.
Angekommen an dem abfahrtsort stellte sich heraus, das es natürlich kein taxi gab das unsere route fuhr..also warten..das kann ich inzwischen echt gut! Nach ca einer halben stunde kamm tatsächlich eins..der typ fragt uns ob wir touristen sind, nein sind wir nicht, zeigen brav unsere ausweise..er hat trotzdem keine lust uns ausländer zu befördern. Eine halbe stunde später ein zweiter..lässt sich auch die ausweise zeigen..denkt kurz nach und sagt dann: 400 peso..jaaa hurra…nee moment mal..normalpreis ist 40 peso pro person..wir sind 5 macht nach adam riese: 200…kurze diskussion..entscheidung: 400 peso od warten..hm angesichts der tatsache das das 16 euro sind, also durch 4..die gute merky wird glatt eingeladen..und warten nicht so erstrebenswert erscheint..da die chancen nicht steigen sondern eher fallen..auf geht’s..findet sich auch glatt noch ein kubaner der mitkommt..also los geht’s..über autobahn und landstrasse..

Sebastian und ich im taxi..fehlen die anderen 5 personen.. 😀

Man beachte den reiter am rechten bildrand auf der autobahn!

„Es gibt niemanden der die Revolution aufhalten kann!“ – für die, die das nicht wissen od gewusst haben!

Angekommen in cienfuegos, nimmt der aufmerksame beobachter sofort wahr, dass die innenstadt sich unterscheidet..tatsächlich..hier wurde einiges an geld in die restauration gesteckt. Schade nur dass es schon dunkel ist..
Aber trotzdem..schnell noch zum jose-marti-parque (interessierte mögen den nationalheld jose marti in bekannten enzyklopädien nachschlagen 😉 ) unterwegs gibt’s ein total schickes restaurant..wahnsinn was das ausmacht wenn das restauriert ist..mit piano und äusserst leckeren düften..jedoch nur von aussen..unsere schmalen geldbeutel erlauben uns den besuch dieser „touristenattraktion“ nicht! Ein hotel, auch kolonialstil, am parque dann ein theater, eine kirche..sowie die ein od andere villa…hab mich auch glatt für eine entschieden..brauch nur noch das nötige kleingeld!
Und woran erkennt man eine touristenstadt noch? Richtig..es gibt mehr sachen zu kaufen als im rest des landes..und alles ist teurer..aber wir sind ja keine touristen..wiederstehen jedem: taxi, taxi..bicitaxi, bicitaxi..amigo, amigo..tabaco, tabaco..lobster, lobster und psst, psst…nicht nur das es nervt ständig angesprochen zu werden, so reich sehen wir nun echt nicht aus..auch die art und weise..ein wort ständig in doppelter ausführung..oder diese zischlaute..psst, psst..
ha da hab ich doch eine medizin gegen..mit den eigenen waffen schlagen..als wir auf den promotor cultural aus santa clara warten, der auch mit in das projekt von sebastian involviert ist, bin ich es der den kubanern immer ein psst, psst..lobster, lobster..where are you from?? mit auf den weg gibt! Ja ich lerne schnell und passe mich den kulturellen gepflogenheiten an!
Gut..der promoter ist nicht da..also warten..hunger..also nahrung ausfindig machen..telefonsichen kontakt herstellen..zum treffpunkt gehen..warten….warten..hab ich warten erwähnt..ah unsere kontaktperson kommt..iwan..kein russe, kubaner..gross und stämmig..nimmt uns mit bis zum nächsten treffpunkt..mitnehmen heisst wir gehen zu fuss..dort heisst es: ja was wohl warten..also warten und rum trinken…so langsam versteh ich die kubaner..ah er kommt..hallo papito..erzählen, etwas rum trinken und beschliessen, dass wir unser gepäck wegbringen können. Hey, eine angenehme überraschung..doch wo ist iwan..weg..also wieder warten..ja..warten ist meiner meinung nach in kuba die am häufigsten ausgeübte tätigkeit..oh..iwan kommt..also los geht’s..rucksäcke weggebracht und ab zum malecon..der promenade..tausende, womöglich zehntausende von menschen..wenige buden..zu wenige..schlangen..warten..ah spanferkel im brötchen..aber leider passt nach der familienpizza die ich gegessen habe nichts mehr rein..die war etwas über dem durchschnittlichen standard..fast: gut..zumindest befriedigend..egal..also weiter auf die ehrentribüne..ja wir sind ja invitados des promotors cultural..das erklären wir auch der polizei die uns 4-5 mal von der tribüne schmeissen will…sie gibt auf! Ha, die erste schlacht gegen das regime ist gewonnen! Tribüne mein eine erhöhung mit einer stuhlreihe..und 5 mal soviel menschen wie stühle da sind..ist aber nicht so wichtig, wir sind ja jung! Das ganze vor einem abgesperrten platz..wo nach und nach alle teilnehmer des umzuges eintrudeln und ihre abschlussvorstellung geben.
Es kommen wagen mit tänzerinnen, musik, kapellen spielen auf, tanzgruppen tanzen..auf den wagen leichtbekleidete kubanische schönheiten, die salsa tanzen..ja, das kann man(N) sich schon mal anschauen..doch nach und nach wiederholt sich das ganze..ganz schön viel und ganz schön lange..wir tanzen und trinken rum…nach abschluss der vorstellungen geht es noch zu der grossen bühne gegenüber und wir lauschen den klängen der kapellen…ich bin müde!

Die karnevalsgruppe aus santa clara mit ihren puppen, die unter der fleißigen mitwirkung von sebastian entstanden sind..

Einer der wagen mit den bunten salsatänzerinnen..nicht wirklich gute qualität..aber vllt ein eindruck..

vLnR: Iwan, seine freundin..(greta od gretel?!) und papito, der promotor cultural aus santa clara..

Sieht aus wie ein chinesischer drachen, ist aber ein kubanischer 😉

Die hauptgruppe soll um 4 spielen..ganz schlecht organisiert..wo doch um 4 unser zug fahren soll..schade..also holen wir um 3.15 unsere sachen schnappen uns eine pferdekutsche..nachdem ich dem tode entronnen bin und im letzen moment vor einer heranbrausenden kutsche zur seite gerissen wurde! Meinen rucksack hats erwischt aber alles in ordnung..doch er hat sich gerächt und eine metallstrebe der kutsche entfernt..mein stoffrucksack! Ha! 😀
Wir haben also unsere sachen, sitzen in der kutsche und fahren zum bahnhof..wo um 4 der zug fahren soll..am bahnhof angekommen..oha..welche überraschung, gibt es doch tatsächlich etliche leute die die gleiche idee haben..also stelltsich der gute sebastian an um tickets zu kaufen…ich leiste ihm gesellschaft..
auf einmal diskussion..ein polizist kommt und erklärt den kubanern, dass schlangestehen hier in kuba heisst „einer hinter dem anderen“ und nicht „2 hinter drei vor 2 usw“ ..da die leute sein durchdachtes konzept nicht umgehend umsetzen, erklärt er ihnen das ganz einfach, indem er seine reizgasdose rausholt und damit 5-6-7 mal in die luft sprüht und sich dann aus dem staub macht..bravo!! applaus! Welch grandiose leistung..ein paar leute rennen sofort raus..manche erbrechen..andere bekommen nur keine luft und können nichts sehen..andere wollen ihre vorderen plätze nicht aufgeben und bleiben stehen..so auch sebastian..nach 5 minuten kommen dann auch diese raus…sebastian muss zwar nicht erbrechen..aber die augen kriegt er nicht auf..also wasser rausgeholt und die augen gespült und erste hilfe..währenddessen fängt der zug an zu hupen..oh das signal zum einstieg..die leute rennen wie verrückt..jeder will der erste sein..ohne rücksicht auf verluste, als wären bestien hinter ihnen her..jeder ist sich selbst der nächste…ich bin beeindruckt..auf einmal rennen sie alle wieder raus..erbrechen..die augen tränen..ah der freund und helfer hat den andrang reguliert..und das auf eine wirklich sehr humane art und weise…nach und nach trauen sich die leute wieder in den bahnhof und rennen durch die mit tränengas gefüllte bahnhofsvorhalle.
wir kommen ziemlich zum schluss zum zug..der die gleiche qualität hat wie der universitätszug..aus den öffnungen des zuges, die sich natürlich nicht verschliessen lassen, quellen menschen..ja okay..wir haben es verstanden..dieser zug wird uns nicht mitnehmen..
also wieder warten, diesmal draussen, es ist kurz nach vier..vllt gibt es ja die taxis..an der haltestelle stehen keine..es fahren ab und an welche vorbei..wir bieten..fangen an mit 15 CUC..der gute mann fährt weg..andere halten gar nicht erst an..es ist kurz nach 5

Frohes warten am bahnhof und terminal..sebastian kann schon wieder sehen..hab ich erwähnt, dass es kalt war?! Und ich mein wirklich kalt..so lange-hose-pullover-und-jacke-kalt..

..wir bieten 20-25..ein abschätzender blick..er will nur den sprit kontrollieren, tanken und kommt dann nieder und ward nie wieder gesehen..genauso wie der, der nur schnell ein grösseres auto holen will…wir sind bei 30 CUC. Wie ihr wisst 15 CUC ist ein monatslohn. Aber zum glück gibt’s ja hier gesetze, die angebot und nachfrage regeln. Meist jedoch das angebot und nicht die nachfrage. Die meisten dürfen einfach nicht ihre route verlassen. Und dann noch mit ausländern für devisen..oh das kann gefährlich werden! Aber wir sind ja studenten..zählt nicht..also warten am taxistand..um 6, um 7..ah das erste taxi..nimmt die leute vor uns mit..gut sind wir also die ersten im nächsten mit 2-3 anderen..die ultimos..

Wohl dem der schlafsack und was wärmendes an seiner seite hatte..

kurzer exkurs zum „ultimo“: wenn es in kuba schlangen gibt und was zu warten..und nicht eindeutig zu erkennen ist, wer denn der letzte ist ruft die ankommende person „el ultimo“, „quien es ultimo?“ und die person die davor kam sagt dann, dass sie das sei und alles ist gut..das hab ich die ersten zwei-dreimal auch gemacht..und in geschäften usw funktioniert das auch gut..naja..nicht gut..es funktioniert..
nur beim transport…beim bus an der uni z.B. kommen alle nach und nach zur haltestelle und sagen brav ihr sprüchlein auf..ja und was passiert wenn der bus kommt hab ich ja schon mal beschrieben..

so auch an diesem morgen..kurz nach acht..eine taxi naht..der fahrer ruft das fahrziel: santa clara..und eine horde von menschen stürmt auf das auto zu reisst die türen auf und springt rein..zerrt sich gegenseitig an den sachen…super..nur wr fehlt..ja genau..wir und die drei anderen..die ersten! Supersystem…ich halt davon gar nichts und werd das an keiner ahaltestelle mehr anwenden! Basta!

Also, die nase gestrichen voll, gehen david und merky los um eine alternative zu finden..die gibt es auch gleich um die ecke..ist ja auch mittlerweile um acht..zwei typen, die aussehen wie kleinstganoven wollen uns nach santa clara bringen.. kostenpunkt 30 CUC und alle in einem auto..das auto ist mächtig klein, zu klein für ..also schnell die abdeckung vom kofferraum abgenommen einer darf da rein..gut ich geh ja schon..und dann geht’s los..der schwarze freund von dem weissen händler darf fahren..auf geht’s..kurz nach neun sind wir in santa clara..schnellstens nach hause und schlafen..und abregen!

Auf bald! Und grüße aus dem kalten kuba!

About Steffen

Born in 1980 in good old Magdeburg in the GDR (German Democratic Republic). Stayed there for a while, than went to Cuba for a few months. Afterwards finished my studies of business and computer science and started to work in a big consultant enterprise. Quit this job for obvious reasons. Due to the lack of goodwill at the ZVS I started to work as a freelancer in the sector of SAP consulting in Cologne. Planned to do this only for a few months, now nearly passed by two years. Well, time to move on...
This entry was posted in Uncategorized. Bookmark the permalink.

One Response to Geschichten aus dem Sozialsimus, nächster Teil:

  1. Anonymous says:

    man bist du ausführlich. ich will auch ne mail. aber ne persönliche. wie ich lese, gehts dir echt gut. ich bin ab naechster woche wieder in md. welch freude. lg, anja

Leave a Reply