Nach den 2,5 Monaten, die ich in Indien verbracht habe, fühle ich mich wie in einer anderen Welt, als ich in Bangkok lande. Alles ist so neu und modern, so sauber und geordnet und es funktioniert. Willkommen in Thailand. Mit mir stehen gefühlte Tausende anderer Touristen an den Schaltern der Immigration, um sich das Visum on Arrival abzuholen und in der Arrival Hall schmiegen sich die ersten elfengleichen jungen Thailänderinnen an grauhaarige Früh- und Spätrentner mit Schmerbauch. Wa(h)re Liebe?!
Eigentlich wollte ich Thailand ja meiden. Zu erschlossen und touristisch, zu viele Menschen. Aber nun hat es sich so ergeben, dass mein Freund Micha, samt zukünftiger Gemahlin vor Ort ist und da nutze ich die Gelegenheit, die beiden zu besuchen und die ein, oder andere Runde im Ring mit ihm zu verbringen. Denn was uns vor Jahren zusammengeführt hat und am meisten verbindet, ist die Liebe zum Sport: BJJ, Grappling, Muay Thai, MMA. Doch noch bin ich in Bangkok und die beiden sind auf der Insel Ko Phi Phi. Per Taxi fahre ich auf den wunderbar glatt asphaltierten Straßen Bangkoks zum Busterminal Süd. Ich habe ganz vergessen, dass man Taxi fahren kann, ohne sich den Kopf zu stoßen. 500 Baht (12,5 €) kostet der Spaß, wobei der Taxifahrer den vereinbarten Preis mal eben um 100 Baht erhöht, denn er habe „kein Wechselgeld“. Egal, ich bin in etwas in Eile, denn immerhin möchte ich noch einen Nachtbus erwischen, der mich nach Krabi bringen soll, von wo aus die Fähre in Richtung Ko Phi Phi ablegt. Und kaum bin ich unter dem schützenden Dach des Terminals verschwunden, da setzt auch schon stärkster Platzregen ein. Doch das Glück bleibt mir auch beim Ticketkauf hold, denn ich bekomme den letzten freien Platz im Bus und habe sogar noch Zeit, vorher etwas zu essen. Um erst mal vorsichtig in die thailändische Straßenküche einzusteigen, frage ich die Dame hinterm Tresen nach etwas Vegetarischem, worauf sie auf eine Schale deutet, die anscheinend Auberginencurry beinhaltet. Och ja, das sieht lecker aus und ich ordere es, zusammen mit einer ordentlichen Portion Reis. Beim ersten Bissen, stellt sich jedoch heraus, dass meine und ihre Definition von vegetarisch (kein totes Tier vs. kein Fleisch) nicht identisch sind, denn die vermeintliche Aubergine entpuppt sich als in Scheiben gehackter und gekochter Fisch, samt Gräten. Dies trübt mein erstes kulinarisches Erlebnis in Thailand etwas.
Als ich meinen Bus gefunden habe, betrachte ich diesen ungläubig, habe ich doch die öffentlichen Transportmittel Nepals und Indiens noch bestens in Erinnerung. Scheinbar neu und gepflegt, würde das Gefährt sicher den deutschen TÜV bestehen, die Sitze sind sauber und verstellbar, es gibt LCD-Monitore, auf denen Filme gezeigt werden und neben Decken und Kissen, bekommen wir sogar Getränke und Snacks gereicht, als wir durch das nächtliche Bangkok fahren.
Doch so bequem es auf den ersten Blick auch aussah, so richtig konnte ich dann doch nicht schlafen und bin froh, als ich am nächsten Morgen in Krabi den Bus verlassen kann, wo mir sogleich geschäftstüchtige Einheimische ein Fährticket samt Transfer zum Hafen verkaufen. Die Überfahrt verläuft gemütlich und aus der Ferne kann man bereits die karstigen Felsen sehen, die sich schroff aus dem Meer erheben. Doch so verlockend die Insel aus der Ferne auch wirkt, so abschreckend ist sie, als ich sie tatsächlich erreiche. Hier liegen Boote von Tauchschulen mit bestimmt 40+x sitzen, was Unterwassergedrängel garantiert und die Infrastruktur besteht vornehmlich aus Resorts, Restaurants, Souvenirshops, Tattoostudios und ein paar Tauschschulen. Dieses Muster wiederholt sich endlos und in den schmalen Gassen windet sich eine schier endlose Masse von „Backpackern“. Es kostet mich sichtlich Überwindung hier meinen Fuß auf Land zu setzen und nicht sogleich die Rückreise anzutreten und wären Micha und Franzi nicht hier, die Insel würde wohl ohne mich auskommen müssen. Kopfschüttelnd reihe ich mich in die Karawane ein, suche und finde schließlich die gemeinsame Herberge und muss kräftig schlucken, als man mir ein Zimmer für 800 Baht (20 €) mit Ventilator anbietet, ein belegtes Baguette soll 3-4€ kosten und eine Kugel Eis 2€. Irgendwie kann ich mich nur an Aussagen wie „Thailand ist spottbillig“ erinnern und was ich hier erlebe, will sogar nicht dazu passen. Aber wen wundert es, kommen doch genug Menschen, die gewillt sind, diese Preise zu bezahlen.
Nachdem der erste Schock verdaut ist, gibt es großes Hallo mit den beiden, wegen denen ich gekommen bin. Die sind auch nicht alleine, sondern haben noch drei Schweden im Schlepptau, die das alles organisiert haben. Mats und Jeanette, sowie ihren Bruder Johan, der seit 7-8-9 Jahren immer wieder auf die Insel fährt, weil es hier so schön ist und alles kennt und bestens bescheid weiß. Falls ich es bisher noch nicht erwähnt habe, schön ist relativ. Dies trifft auch für „traumhafte Sandstrände an türkisem Wasser“ zu, vor allem, wenn man selbst nach 100m noch nicht einmal bis zu den Knien darin steht, von schwimmen ganz zu schweigen. Ein Hoch auf die Gezeiten.
Zumindest gibt es schmackhaftes Essen. Doch auch hier werden keine Experimente gemacht. Wer langjährige Kenntnisse der örtlichen Gastronomie vorzuweisen hat, weiß wo man essen kann und wo nicht. Und eins haben die Thais den Indern voraus. Wenn die „scharf“ sagen, dann meinen die das auch und das kann schnell an die Grenzen des Erträglichen gehen, im Gegensatz zu meinen indischen Freunden, bei denen ich regelmäßig „extra scharf“ geordert und im Anschluss noch frische Chili bestellt habe, damit es meiner Erwartung von scharf auch nur annähernd gerecht wurde. Extra scharf in Thailand kann dazu führen, dass nicht nur Schweiß auf Stirn und in der Region unter den Augen perlt, sondern das gesamte Essen kann ungenießbar werden, von Reaktionen des Verdauungstraktes mal ganz abgesehen.
Das Highlight auf Ko Phi Phi ist die Reggea Bar, in welcher ein Boxring die Mitte bildet und in welchem zuerst Thais Showeinlagen liefern, bevor sich Gäste für ein Eimerchen voll Alkohol gegenseitig versuchen zu verprügeln. Doch das Konzept geht auf und so finden sich plötzlich Wildfremde, Freunde, aber auch Damen in den verschiedensten Trunkenheitsgraden im Ring wieder, die sich für eine Mischung aus Jean Claude van Damme und Chuck Norris halten und von denen sich die meisten eine Keilerei auf Grundschulhofniveau liefern. Aber das Eimerchen mit minderwertigen lokalen Spirituosen winkt als Belohnung und so werden mal schnell 10€ gespart und die Promille erhöht.
Zurück im Hostel, erhalten wir die schlechte Nachricht: Johan liegt vor Schmerzen gekrümmt im Bett und kann sich nicht bewegen. Vermutlich ist es die Galle, da war schon mal was. Die einzige Möglichkeit ärztliche Hilfe zu bekommen, besteht darin, ihn zum örtlichen Hospital zu bringen. Einfacher gesagt als getan, motorisierte Fahrzeuge gibt es nicht, dafür sind die Wege zu schmal und laufen ist in seinem Zustand undenkbar. Doch Gottseidank bekommen wir von einem freundlichen Nachbarn einen Karren zur Verfügung gestellt, mittels welchem wir Johan, nachdem dieser sich mit viel Mühe dort hinein bewegt hat, zum Krankenhaus schieben. Ein Arzt ist allerdings nicht vor Ort und der würde auch heute nicht mehr kommen, nein das wäre undenkbar, erst morgen früh mit der Fähre, sagen uns die beiden Schwestern, die des gebrochenen Englischs mächtig sind und „Galle“ erst mal googlen müssen. Das wirkt professionell und man hofft inständig, dass einem ja nichts Ernsthaftes zustoßen mag, was die Notfallmedizin auf der Insel ernsthaft auf die Probe stellt. Wenigstens können sich die Schwestern durchringen, Johan Schmerzmittel zu verabreichen. Am nächsten Morgen haben sich Jeanette und Johan entschlossen, nach Phuket in das nächstgelegene internationale Krankenhaus zu fahren. Hoffentlich haben die da auch Google.
Der Rest fährt mit einem der lokalen Longtailboote für 2,50 € – pro Person! – ca. 10 Minuten zum Strand, wo man sich sowohl sonnen, als auch schwimmen und schnorcheln kann. Zwar muss man etwas aufpassen, da es dort mehr Seeigel als Touristen gibt, aber wenn man diesen ausweicht, kann man sich an den vielen bunten Fischen erfreuen, auch Seepferdchen lassen sich blicken und selbst ein Blacktip reef shark gibt sich die Ehre im mannshohen Wasser.
Am Nachmittag schauen wir im örtlichen Muay Thai Stadion vorbei, was recht verlassen wirkt, aber Micha hat für heute ein Date mit dem Trainer vereinbart und ich möchte mir das zuerst anschauen, bevor ich mitmache. Doch während ich nach den ersten Minuten des Zuschauens schon bereue, meinen Turnbeutel zuhause gelassen zu haben, bin ich nach einer Stunde unglaublich froh über die Entscheidung, als Micha nach ausgiebigem Pratzentraining bei gefühlten 35+x Grad und 80% Luftfeuchtigkeit noch am Sandsack malträtiert wird. Am Ende sind alle Beteiligten – der Trainer, Micha und ich – zufrieden und ich beschließe am nächsten Tag mitzumachen.
Mats hat sich inzwischen entschieden auch nach Phuket zu fahren, damit Jeanette und Johan nicht so allein sind und die drei Deutschen fahren nach Ao Nang, einem Ort an der Küste auf dem Festland, der auch hauptsächlich nur aus touristischer Infrastruktur zu bestehen scheint. Aber er hat schöne Strände und wenn man gewillt ist, über steile Treppen zu steigen oder durch hüfttiefes Wasser zu waten, dann kann man auch Sonne und Meer ohne die Horden lederhäutiger sonnenanbetender Lethargisten genießen. Und auch hier wird Muay Thai gelehrt, sehr zur Freude der männlichen Mitglieder unserer Gruppe.
Ao Nang ist aber auch berühmt für seine Felsen und die unzähligen Klettermöglichkeiten und wo wir schon mal da sind, wollen wir uns das nicht entgehen lassen und buchen eine halbtägige Klettertour. 8 Uhr soll es los gehen und frisch und munter und voller Erwartung stehen wir vor unserem Hotel, doch niemand kommt. Mit leichter Verspätung werden wir dann doch noch abgeholt und gehen zum Treffpunkt, wo wir auf unseren Transport warten. Die mittelmäßig bis schlecht gelaunte und von ihren Kunden genervte Eigentümerin deutschen Ursprungs des Klettershops lässt nicht viel Gutes erwarten und als sie verkündet, ihr gehe es „beschissen“, denn sie habe gestern mindestens eine Flasche Wodka getrunken und habe nun gar keine Lust zum Arbeiten, suche ich verzweifelt nach einem Plan B. Doch ihr „arbeiten“ besteht nur darin alle mit Klettergurt und Schuhen auszustatten, bevor sie uns an einen ihrer thailändischen Mitarbeiter übergibt. Mit diesem geht es im Wagen zum Hafen und von dort aus per Boot zum Kletterstrand, der auf dem Landweg nicht zu erreichen ist. Malerisch gerahmt von den schroffen steil aufragenden Felswänden liegt er da, Railay Beach und die Wände warten nur darauf von uns erklettert zu werden. Nun ja, ganz so ist es nicht, schließlich sind wir alles drei blutige Anfänger, was sich sowohl in Kondition und Technik bemerkbar macht, aber wir haben ausgiebig Spaß und unsere Erfolgserlebnisse vor traumhafter Kulisse und bereuen unsere Entscheidung nur einen halben Tag gebucht zu haben auch nicht, denn der war vollkommen ausreichend.
Gar nicht so weit entfernt von unserem Hotel gibt es einen Fossilienstrand und da ein wenig Bildung im Urlaub auch nicht schaden kann, haben wir beschlossen uns diesen anzusehen. Sportlich und ambitioniert wie wir sind, machen wir uns zu Fuß auf den Weg, denn auf der Karte sah es gar nicht soweit aus. Als aber nach einer Stunde des lustigen Wanderns in der prallen Sonne noch kein Strand in Sicht ist, werfen wir all unsere Ambitionen über Board und hüpfen in eine Art Pick-Up, der uns für schmale Kasse zum Ziel bringt. Hier möchte man 200 Baht von uns, bevor wir den Strand besichtigen dürfen, doch bevor wir dies bezahlen stellt sich heraus, dass dieser nur bei Ebbe wirklich zu besichtigen ist, wir aber gerade Flut haben und somit all die schönen Fossilien gar nicht sichtbar sind. Naja, Spaß hat es trotzdem gemacht und gelacht haben wir auch ausgiebig, also was soll’s, machen wir uns eben wieder auf den Rückweg, schauen uns den Sonnenuntergang am heimischen Strand an und gönnen uns zur Feier des Tages ein all-you-can-eat-BBQ, welches uns zu Höchstleistungen motiviert, da wir bereits ausgiebig gesättigt feststellen, dass All-you-can-eat auch Eiscreme beinhaltet und wer möchte da nur einmal gehen….
Am 11. Februar machen wir uns auf den Weg nach Bangkok, die letzten Tage werden dort verbracht, bevor die Urlauber nach Hause fliegen und ich weiter reise. Franzi steht auch pünktlich 30 Minuten vor Abfahrt nervös vor der Tür und findet die Lethargie und Ruhe, mit der Micha und ich uns auf die Abreise vorbereiten überhaupt nicht witzig. Macht aber nichts, denn schließlich sind wir alle pünktlich vor dem Hotel, als unser Taxi eintrifft. Am Flughafen von Krabi treffen wir auch unsere schwedischen Freunde wieder. Bei Johan wurde ein Kronkorken großer Gallenstein entfernt, welcher die enormen Schmerzen erklärt und was ihn nun erleichtert wieder lachen lässt.
Unser Thailand-Experte hat ein Hotel auf der Kaosan-Road, der „Backpackerstraße“ schlechthin in Bangkok ausgesucht, welches leider kein freies Zimmer mehr für mich hat. Ach halb so wild, fast gegenüber ist das Lehk-Guesthouse und die einfachere Austattung der Zimmer spiegelt sich in den niedrigeren Preisen wieder, was meinem Budgetplan entschieden entgegen kommt. Zwar gibt es keine Steckdosen im Zimmer, aber immerhin schnelles Internet per Wlan. Es ist früher Nachmittag als wir alle einchecken und die Kaosan-Road „schläft“ noch. Das wissen wir aber noch nicht. Für den Abend haben die Schweden, sowie Micha und Franzi ein Gourmet-Dinner mit Showeinlagen und hinterher Tanz im Edelklub gebucht. Es gibt Haxe.
Ich verbringe den Abend mit Benni aus Wurzen, einem Freund Michas, dem sowohl Pass als auch Kreditkarte gestohlen wurde, was dazu geführt hat, dass er seinen Flug umbuchen und sich eine Art Ersatzdokument bei der deutschen Botschaft besorgen muss. Doch die Botschaft benötigt dafür einige Auskünfte des Einwohnermeldeamtes und da die Mitarbeiter dort mit enormer Antriebslosigkeit ausgestattet sind, wie Benni immer wieder betont, wartet er seit ein paar Tagen auf sein Dokument. So langsam erwacht die Kaosan, es ist ja auch erst 21 Uhr und ich sitze mit Benni mittendrin. Es ist schwül, laut – Musik schallt aus allen Richtungen – und Menschenmassen schieben sich durch die Straßen, vorbei an den Streetfoodständen, den Shops mit den „Markenklamotten“ und der aktuellsten Musik (hier macht der Händler sich gar nicht erst die Mühe, Cover zu drucken und auf die Rohlinge zu kleben, nein, hier wird per Edding markiert), den Bars, den Taxifahrern die „Ping-Pong Show cheap cheap“ anbieten und den Damen die ständig „Massaaaaaaaasch“ kreischen und bei denen man nie weiß, ob sie seriös sind. Wir haben es uns an der Seite mit einem kühlem Bierchen und ein paar frittierten Insekten (Käfer, Würmer, Heuschrecken) gemütlich gemacht. Bier ordern wir noch mal, bei den Insekten belassen wir es bei einer Portion.
Als ich mich müde und erschöpft in mein Bett begebe, wird mir klar warum die Zimmer so billig waren. Es existiert praktisch keine Geräuschisolierung und es fühlt sich an, als würde ich inmitten der Party schlafen. Selbst Ohrenstöpsel sind kein patentes Mittel, erst als ich mir die Kopfhörer des Telefons in die Ohren stecke und Musik mit voller Lautstärke höre, gelingt es mir in einen Dämmerungszustand zu versinken. Um 7.30 Uhr „werde ich wach“, als die Bar nebenan die Musik endlich ausmacht.
Voller Energie geht es mit Benni und Micha zum Rajadamnern Thaiboxstation. Leider hat das zu, aber dafür bringen wir noch in Erfahrung, dass die besseren Kämpfe eh im Lumpinee Stadion stattfinden und die dortigen Läden auch über ein breiteres Sortiment verfügen. Somit bestens informiert, können wir uns auf den Weg zum legendären Weekendmarket begeben, der den Damen einen ganzen Tagesausflug wert ist, schließlich kann man hier allerlei Krimkrams für günstiges Geld erwerben. Von Schuhen, über Kleidung, Technik, Schmuck, Nippes, Kitsch und Lebensmittel, alles gibt es hier. Man kann sich vorstellen, dass wir drei Herren die weibliche Begeisterung nicht ansatzweise teilen und so fällt unser Besuch recht kurz aus, während Franzi und Jeanette sich wieder eiligst auf die Jagd begeben.
Doch die Chance einen Muay Thai–Kampf live in Thailand zu erleben, lassen wir uns natürlich nicht entgehen. Bei unserer Ankunft am Lumpinee-Stadion werden wir auch gleich von einer „Betreuerin“ in Empfang genommen, die uns zielsicher zum Schalter für 1st-class Tickets für Touristen führt und all die Vorteile aufzählt, die der Erwerb eines solchen Tickets hätte. Zusammengefasst kann man es darauf reduzieren, dass man näher am Geschehen sitzt und das Doppelte, oder Dreifache (ca. 50€) bezahlt. Machen wir aber nicht, wir kaufen „Thaiklasse“ und sitzen in einiger Entfernung zu den Locals, die ihren Wochenlohne auf die jeweiligen Favoriten verwetten. Ein interessantes Schauspiel, dem man aber nicht durchgehend folgen kann, will man nicht die Knockouts durch Ellenbogen, Tritte und Knie verpassen. Abgerundet wird das Event durch einen kleinen Einkaufsbummel durch den angeschlossenen Twins-Trainingsbedarf-Shop, wobei ich durch Budget- und Franzi & Micha durch Gepäckrestriktionen stark eingeschränkt werden.
Der Vorteil der Kaosan-Road ist, dass es Thailand in Kompaktform bietet. Alles was man braucht ist vor Ort: Streetfood (Pad Thai – die klassischen gebratenen Nudeln, sowie verschiedenste Curries), frisches Obst (die wohl besten Mangos meines Lebens), Massagen (von klassisch Thai, über Fuß, bis Öl, mit und ohne Happy End) und ein Muay Thai Gym, in dem sich sogar ehemalige Champions die Ehre geben, uns zu bespaßen. Sport ist immer ein guter Zeitvertreib und macht hungrig und wer hungrig und erschöpft ist, geht auch gern mal zur Thaimassage. Dies ist jedoch eine eher schmerzhafte Prozedur, denn dort wird mit Knie und Ellenbogen unter Einsatz voller Körperkraft gedrückt und gezogen, dass es in den Gliedern nur so kracht. Seltsamerweise fühle ich mich hinterher tatsächlich besser, auch wenn ich bei der Massage selbst des Öfteren die Zähne aufeinander beißen muss und mir das ein oder andere schmerzhafte Stöhnen nicht verkneifen kann. Doch Micha und Franzi geht es da nicht anders.
Mittlerweile haben die Kollegen vom Einwohnermeldeamt in Wurzen dafür gesorgt, dass Benni sein Ausreisedokument bekommen hat und dieser ist nun – wie auch Mats und Jeanette – auf dem Weg nach Deutschland. Johan dreht ohne Gallenstein noch ein Ründchen durch Vietnam und ich habe bereits mein burmesisches Visum beantragt.
Mit Micha und Franzi habe ich es sogar geschafft, die Kaosan-Road zu verlassen und wir haben uns Tempel angeschaut, sowie den örtlichen Amulettmarkt besichtigt. Dort bieten etliche Händler und Experten auf dem Gebiet der Schutz-, Liebes- und Glücksmagie unzählige Amulette und Medaillons an, welche die verschiedensten Wirkungen auf den Träger haben sollen, während fachkundige Kunden, die Ware mit Lupen auf Qualität prüfen. Als könne man Magie mit der Lupe erkennen.
Wenn man in Bangkok unterwegs ist und Strecken per Taxi zurücklegen möchte, fragt man sich wieso die überhaupt ein Taxameter haben, denn gefühlte 90% der Taxifahrer weigern sich dies zu verwenden, sobald sie ausländische Fahrgäste haben und verlangen stattdessen „leicht“ überhöhte Fixpreise. So macht Taxifahren Spaß und da mir das mächtig auf die Nerven geht und ich zudem ungern in einem der häufig in Bangkok anzutreffenden Staus stehe, probiere ich eines der günstigen und wesentlich schnelleren Mopedtaxis aus. Kaum bin ich hinter dem Fahrer – der gut und gerne mein Großvater sein könnte – aufgestiegen, wünschte ich, ich hätte mich auf dem Amulettmarkt gründlich mit zahlreichen Schutz- und Glücksmedaillons eingedeckt. Nachdem ich mich an die Geschwindigkeit und das Wechseln der Spur im Sekundentakt gewöhnt habe, muss ich nur noch um meine Kniescheiben bangen, wenn wir uns zwischen den stehenden Autos durchzwängen. Doch alles geht gut und unversehrt erreiche ich mein Ziel, nicht sicher, ob ich die Dienstleistung noch mal in Anspruch nehmen werde.
Nachdem ich mich von Franzi und dem weißen Krieger (Micha hat es dank Sonnenschutzfaktor 270, Schutzkleidung und Sonnenhut tatsächlich geschafft, den nordischen Teint zu erhalten) verabschiedet habe und diese „freudig“ in das winterliche Deutschland zurück reisen, ich endlich mein burmesisches Visum in den Händen halte, steht der nächste Schritt der Reisevorbereitung bevor: Geldbeschaffung. Denn laut Reiseführer und Internet, ist es so gut wie unmöglich, mit üblichen Kreditkarten burmesische Kyat zu erhalten. Und getauscht werden nur „nagelneue“ (nicht geknickt und gefalzt, nicht beschmutzt, ab Jahrgang 2009 und in Farbe) Dollar- und Euronoten. Am liebsten Dollar. Gut, dass kann ja nicht so schwer sein, diese zu besorgen. Nachdem ich an die 30 Wechselstuben und Bankfilialen besucht und befragt habe, die sich bevorzugt gegenseitig empfehlen, realisiere ich, dass es doch schwerer ist als vermutet. Einen letzten „Geheimtipp“ probiere ich noch, die Bangkok Bank, wo mich ein alter, grauhaariger, mit Erfahrung und Weisheit gesegneter Mitarbeiter in Empfang nimmt. Die Worte „Myanmar“ (neu für Burma) und „Dollar“ lassen ihn verständnisvoll nicken und lächelnd bedeutet er mir, dass er mir helfen könne. Also tausche ich die thailändischen Baht, die ich vom Automaten abgehoben habe (Euro in Baht), in eine hoffentlich ausreichende Menge Dollar (Baht in Dollar), um diese dann in Burma sukzessive in die lokale Währung zu wechseln (Dollar in Kyat). Auch demjenigen, der vom Finanzwesen wenig versteht, dürfte augenblicklich klar sein, welche Branche von der Regelung profitiert. Soviel sei verraten, der Reisende ist es nicht.
Schwer fällt mir der Abschied von Thailand angesichts der Atmosphäre der Kaosan-Road und dem dortigen Klientel nicht. Um kurz nach 7 Uhr geht mein Flieger, zwei Stunden vorher sollte man einchecken und eine Stunde braucht man bis zum Flughafen. Das Hostel bietet auch einen günstigen Shuttle-Service an. Das heißt, es gibt einen Shuttle-Service, der Transferwillige von den verschiedensten Herbergen einsammelt und für einen Bruchteil des Taxipreises zum Flughafen chauffiert und das zu jeder vollen Stunde. Also buche ich mich ein, für 4.00 Uhr. Dank der rücksichtsvollen Partygemeinde unten auf der Straße, finde ich von 1.30-3.30 Ruhe, dann heißt es, fix geduscht, den Rucksack geschnappt und unten vor dem Hostel auf das Shuttle gewartet..und gewartet..und gewartet.. Doch nur weil ich dies im Voraus bezahlt habe, heißt das noch lange nicht, dass es auch gebucht wurde. Als um 4.30 Uhr immer noch niemand erschienen ist, der mich einsammeln will, frage ich die transsexuelle Nachtschicht des Hostels, ob ich noch mit einem Transfer rechnen könne. Sie-Er telefoniert kurz und es stellt sich heraus, dass ich auf keiner Liste zu finden bin. Aber ich habe zumindest die Quittung vom Hostel. Nach einem kurzen Blick darauf, nimmt mich die Nachtschicht an die Hand und entführt mich aus der Runde ihrer Freunde/innen, die sich während des Wartens um mich versammelt haben und sich nun mit „Handsome, you have to come back to Bangkok, ok?!“ verabschieden, zerrt mich zum nächsten Taxifahrer und drückt diesem ein paar Geldscheine in die Hand, während die Situation erklärt wird. Hier zeigt sich, wer die Hosen anhat! Dieser hat verstanden, nickt kurz, wirft meinen Rucksack in den Kofferraum, lässt mich auf dem Rücksitz platz nehmen und wenig später fliegen wir mit Spitze 150 km/h durch das nächtliche Bangkok. Das hat zur Folge, dass wir in nur 30 Minuten den Flughafen erreichen und mein Flug gerettet ist. Bravisssimo, Burma ich komme!
Sawasdee Krap mein lieber Freund, zu diesem Thema muss ich mich unbedingt einmischen. Es macht mich betrübt dass Du Thailand nun in so einem Licht sehen musst. Allerdings ist das bei diesen Zielen die Du hattest verständlich. Ko Phi Phi war die erste und einzige Insel die wir beide vorzeitig verliessen. Die Kaosan Road darf man sich am Tage auch nicht reinziehen, höchstens mal nachts für ein paar Stündchen. Besser wohnen tut man in der Rambuttri die parallel zur Kaosan verläuft. Ob dieses mit Deinem Budget verträglich gewesen wäre weiss ich nicht. Wir machen es so, wir beide fahren mal auf ne Insel und ich zeige Dir mal nen richtigen Thai-Strand…..