30 Tage Nepal

Während die Grenze in China dem entspricht, was sich ein Europäer unter einer ordentlichen Grenze vorstellt – finster drein blickende und bewaffnete Soldaten, Röntgenanlagen, Kameras und Stacheldraht – ist die nepalesische Seite gänzlich anders gestaltet. Ein Schild und ein gelangweilter Uniformierter kündigen davon, dass man sich nun auf nepalesischem Territorium befindet und entlang der Strasse, die eher einem schlechten deutschen Feldweg gleicht, befinden sich zwischen all den kleinen Geschäften und Restaurants, die Getränke, Snacks und allerlei unnützes Zeug feil bieten, auch zwei Häuschen mit den Aufschriften „Customs“ und „Immigration Office“. Zu verzollen haben wir nichts und am Immigration Office wären wir fast vorbei gelaufen, aber letzten Endes kommen wir doch noch in den Genuss der effektiven nepalesischen Behörde, wo sechs Herren nebeneinander hinter einem langen Schreibtisch sitzen, aber nur einer spricht und ein weiterer unsere Formulare bearbeitet und Visa in die Pässe klebt, mit denen wir dann ins Nachbarzimmer müssen, wo diese noch mal unterzeichnet werden, bevor wir die Amtsstube wieder verlassen.

Wir folgen der Straße und bereits nach kurzem spricht uns der erste Nepalese an und während ich schon gespannt darauf warte, was er uns denn verkaufen will, stellt sich heraus, dass es Chris Freund Anup ist, der 10 Jahre in England gelebt hat und uns nun von der Grenze abholt. So machen wir kurz halt, essen Currynudeln und trinken Bier und relaxen kurz. Anschließend geht es per Jeep – TATA, sehr basic, Anup fährt mit dem Motorrad – die 140km von der Grenze in nur 4,5 Std. nach Katmandu. Irgendwie erwarte ich die ganze Zeit, dass wir von dem Feldweg auf eine „ordentliche“ Straße gelangen und tatsächlich passiert dies auch, aber erst kurz vor Katmandu. Schließlich erreichen wir gg. 22 Uhr  erschöpft, aber überwältigt von all den neuen Eindrücken das Haus von Anups Familie. Wirkten Ulan Bator und auch manche chinesische Städte schon chaotisch, so findet sich dies in Katmandu noch in gesteigerter Form. Der Verkehr folgt dem Gesetz des Stärkeren, oder Schnelleren und die Luft ist gefüllt mit einem Gemisch aus Schmutzpartikeln und Hupgeräuschen. Doch wir sind einen Tag vor Beginn des Lichterfests Tivali in Katmandu eingetroffen, so dass wir in den Genuss der mit unzähligen bunten Lichtern geschmückten Häuser kommen und werden von Anups Familie aufs Herzlichste empfangen und so gleich mit köstlichem Essen versorgt, bevor es eine heiße Dusche gibt und ins Bett geht.

Die nächsten Tage verbringe ich in Katmandu, ich bin in ein Hostel gezogen, da ich ein wenig ein schlechtes Gewissen hatte, als ungeladener Gast Platz in Anspruch zu nehmen, während Anup bei seinen Eltern mit im Schlafzimmer schläft. Direkt in Sichtweite meines Hostels, befindet sich der Affentempel, auf einem Hügel über Stadt gelegen, der neben den unzähligen dort lebenden Affen auf eine beeindruckende Sicht über die Stadt zu bieten hat und den wir gemeinsam besichtigen, bevor wir uns auf den Weg ins Touristenviertel Thamel machen, wo sich ein Outdoorladen neben einem Hippieladen neben einem Hostel neben einer Reiseagentur neben einem Restaurant neben einem Souvenirladen neben einem Outdoorladen usw usf befindet. Nepalesen scheinen dort eine Minorität zu bilden, wenn man die Massen westlicher Touristen betrachtet, die sich durch die Straßen bewegt. Die Outdoorläden bieten zu Hauf Ware namhafter Marken wie z.B. Northface an, zu überraschen geringen Preisen und beim zweiten Blick fällt dem aufmerksamen Betrachter auf, dass hier und dort kleine Details verraten, dass es sich um Fake-Ware handelt. Wär dies nicht so, müsste Northface eines der erfolgreichsten Unternehmen weltweit sein, denn mehr als die Hälfte aller Nepalesen scheint ein Kleidungsstück von Northface zu besitzen. Im Tageslicht fällt auch der ganze Dreck und Müll auf, der am Straßenrand, auf der Straße, neben dem Fluss im Fluss, ja einfach überall ist. Nepal ist auch ein Land, das von der Plastikwegwerfkultur überrollt wurde und noch keinen adäquaten Umgang damit gefunden hat.

Den Abend verbringen wir bei Anups Familie, helfen beim Schmücken des Hauses mit Lichtern und Kerzen, genießen wiederum nepalesische vegetarische Hindu-Hausmannskost und dürfen miterleben, wie Kinder aus der Gegend an die Türe klopfen, singen und tanzen und dafür mit Süßem, Gebackenem und Geld belohnt werden. Der Abend endet skurril, als Anup uns zu einem Platz führt auf dem sich etliche Hindutempel befinden, auf dem aber an diesem Abend eine große Elektroparty stattfindet, so dass die Jahrhunderte alten Bauten bei dröhnendem Bass im flackernden Laserlicht erscheinen. Was mit auffällt, ist die Freundlichkeit der Nepalesen, die aus reiner Neugier und ohne materielles Interesse auf mich zukommen, wissen wollen wo ich herkomme, was ich mache, wie ich Nepal finde etc., waren meine bisherigen Erfahrungen doch eher dahingehend, dass sich hinter jedem Englischsprechenden, der proaktiv auf mich zukommt, ein potentieller rip-off verbirgt.

Während Anup und meine britischen Freunde mit Tivali und Familie beschäftigt sind, erkunde ich in den nächsten beiden Tagen ein wenig Katmandu per pedes, arbeite für den Blog (ja schreiben, Bilder sortieren, auswählen und alles uploaden kostet ordentlich Zeit) und genehmige mir eine Pizza, die erste seit Deutschland und die ist gar nicht mal so schlecht.

Für den 29. Oktober haben wir einen kleinen Motorradausflug durch das Katmandutal geplant und obwohl Anup bereits drei Bikes hat mieten Tom und ich noch jeder eins (7€ pro Tag) damit wir uns auch alle (Anup, sein Bruder Anuj, Chris&Tash, Tom, ich) adäquat fortbewegen können. Katmandu besteht im Wesenlichen aus kleinen engen Gassen und hat nur einige größere zweispurige Straßen, die jedoch auch chaotisch sind, so dass Motorrad fahren ein ganz besonderer Spaß ist, der jedoch schlagartig zunimmt, sobald man das Umland erreicht und auf sandigen Schotterpisten steile Hügel erklimmt, auf denen sich die Motorräder (125-200ccm) quälen müssen. Belohnt wird man dann mit einer mehr oder weniger guten Sicht über das versmogte Katmandutal, aber Fun ist es allemal, auch wenn Tom, der an diesem Tag zum ersten Mal in seinem Leben ein Motorrad besteigt, beim Bergabfahren die Vorderbremse zu stark bemüht und daher mit leichten Schürfwunden den Ausgangsort wieder erreicht und nur 70% seiner Kaution wiederbekommt.

An dieser Stelle möchte ich auch noch die Qualitäten meines Hostels erwähnen, wenn es um Laundryservice geht. Vertrauensvoll habe ich dort meine Wäsche waschen lassen und als ich sie wiederbekomme, stelle ich fest, dass ein paar meiner großartigen merinowollenen Shorts, sowie ein T-Shirt fehlen. Auf meine Nachfrage an der Rezeption, wo meine Sachen denn seien, bekomme ich die vielsagende Auskunft, die ich mir vor Abgabe der Wäsche gewünscht hätte, „Sir, I don’t know. We always have problems with laundry. Always things get lost…“. Ich erspare mir den weisen Ratschlag, dann doch das ganze System mal zu überarbeiten, wenn man bemerkt, dass jedes Mal etwas schief läuft.

Wir haben Sonntag, den 30. Oktober und mein Wecker klingelt um 5.30 Uhr, denn heute werden wir uns nach Pokhara begeben. Der Bus fährt 6.30 Uhr ab und wir haben ins unseren Transfer noch 3-4 Stunden Rafting auf dem Fluss Trisuli eingebaut. Noch schlaftrunken erreiche ich den Bus, nicke auch gleich wieder ein, nachdem die Fahrt begonnen hat und werde erst wieder wach, als wir zum Frühstück anhalten. Neben Anup und Anuj begleiten uns auch noch seine Eltern und seine Cousine, die die freien Tage für einen kurzen Ausflug in die Anapurna Conservation Area nutzen wollen und sich kurzerhand dazu entschlossen haben auch das Rafting mitzumachen. Circa drei Stunden von Katmandu, die Straße verläuft entlang des Flusses, werden wir abgesetzt und von unseren Raftingguides empfangen und nach Umkleiden und kurzer Sicherheitseinweisung geht es auch schon los. Insgesamt sind es drei Boot, da die Gruppe nicht nur aus uns besteht und der Anfang auf dem Fluss gestaltet sich recht langweilig. Es ist eher ein dahintreiben, als actiongeladenes Rafting, ab und an gilt es ein paar spannendere Stromschnellen zu bewältigen, bevor wir zum Mittag an einem sonnigen Sandstrand halten und dort vor dem Essen noch ein erfrischendes Bad im Fluss nehmen.

Anschließend geht es weiter und zum Glück werden die Stromschnellen aufregender, so dass die Zeit wie im Fluge verrinnt, bis die Guides auf einmal das Ufer ansteuern und großes Trara machen, um die Ecke würde eine richtig fiese Stromschnelle warten und vor fünf Jahren wäre dort jemand ertrunken. Also muss jeder für sich entscheiden, ob er die Todesstromschnelle durchfahren will und von den drei Booten bleiben zwei übrig die sich dafür entscheiden. Auf geht’s! In der Tat, die Stromschnelle hat es in sich und ich muss meinen Platz ganz vorne links im Boot kurz verlassen und mich vom Rand ins Innere bewegen, da ich ansonsten das Ganze schwimmend vollendet hätte, doch  was ein Spaß! Adrenalin pur! Am liebsten wär ich noch mal zurück gepaddelt und hätte das Ganze wiederholt. Doch unser Raftingausflug endet hier und mit trockenen Klamotten am Leib warten wir am Straßenrand nun auf den public bus, der uns nach Pokhara bringen wird.  Nach anderthalb Stunden des Wartens, schließlich sind wir zu zehnt und die Busse meist voll, hält tatsächlich einer an und wir haben fast alle auch einen Sitzplatz – im Inneren. Ich sitze mit Anup und Anuj auf dem Dach und genieße das beeindruckende  360° Panorama, während mir der Fahrtwind ins Gesicht bläst.

Die Fahrt dauert gar nicht mal so lang, bis wir im Stau stehen. Ein Unfall ist die Ursache, ein Motorrad ist frontal in einen LKW gefahren und als wir die Stelle passieren, zeugen große Blutlachen und faustgroße Stücke menschlichen Gewebes auf der Straße von der Schwere des Unfalls.

Nur ein paar Kilometer weiter erwischt es uns, jedoch weit weniger gravierend, wir haben lediglich einen platten Reifen. Und so verbringen wir die nächsten zwei Stunden in einem Dörfchen und warten darauf, dass unser Bus wieder fahren kann. Leider gibt es im Dorf kein einziges Restaurants, nur Chips und Knabberkrams werden verkauft, doch als ich in einem Getränkeshop frage, ob es auch Essen gäbe, dies verneint wird und ich hungrig auf das auf der Flamme köchelnde Curry der Familie schaue, erbarmt sich die Frau des Hauses und verkauft mir ein Tellerchen für 10 Rupien (10 Cent).

Nach einem langen Tag erreichen wir um 22.00 Uhr Pokhara und haben das Glück auch gleich ein paar Taxis zu finden, die uns zu unserem Hotel bringen. Zu unserem Hotel? Nicht ganz, heißt unsers doch „Moonland“ und wir werden zum „Moonlight“ gebracht. Nach kurzer Verwirrung erreichen wir dann doch noch unser Hotel und ich fallen nach dem verdienten Abendbrot todmüde ins Bett.

Der nächste Morgen beginnt gemächlich, nur keine Hektik, bevor wir uns aufmachen ins (touristische) Zentrum Pokharas – Lakeside. Tatsächlich liegt Pokhara an einem See und in diesem See spiegeln sich die Giganten des Himalaya, wenn…ja wenn es nicht bewölkt ist. Und es ist bewölkt und zwar außerordentlich, so dass wir weder einen einzigen Berg, noch dessen Spiegelungen zu sehen bekommen. Stattdessen bekommen wir die unzähligen Souvenirshops, Restaurants, Outdoorläden, Hippiläden, Sonnenbrillen- und Fotofachgeschäfte und Bars zu sehen, die Highlights von Pokhara Lakeside. Nach einem kurzen Zwischenstopp bei der German Bakery, es gibt Zimtschnecken, Croissant und Baguette – typisch deutsch, entdecken wir eine frisch eröffnete Lokalität direkt am Ufer des Sees, die wir, nachdem wir die Annäherungsversuche diverser Souvenirhändler erfolgreich abgewehrt haben, betreten und es uns dort gemütlich machen. Wir ordern eine bunte Mischung aus der Karte und warten. Wir warten und warten und warten, bis wir nach einer Stunde nachfragen, wo denn Saft und Kaffee bleiben und wir erfahren, der Koch sei noch nicht da. Die Verbindung zwischen Saft, Kaffee und Koch ist mir auch beim Schreiben dieser Zeilen noch nicht klar, jedenfalls dauert es weitere 15 Minuten, bis wir unsere Getränke bekommen.  Als die zweite Stunde unserer Wartezeit voll ist, kommt auch unser Essen, natürlich nicht alles und auch nicht ganz so, wie wir es bestellt hatten – man sei eben neu und da treten gewisse Schwierigkeiten schon mal auf. Voll guter Laune nach diesem gelungenen Mahl, begeben wir uns zum örtlichen Bootsverleih und leihen Ruderboote, was uns in die Lage versetzt, den auf einer kleinen Insel im See gelegenen Hindutempel zu besuchen und anschließend etwas über den See zu paddeln und das Ufer zu erkunden, was jedoch aufgrund der Vielzahl der dort ansässigen Blutegel recht kurz ausfällt. Und wie es unser Glück so will, werden wir auf der Rückfahrt von einem Monsunähnlichen Regenguss überrascht, was uns auf die Insel fliehen lässt, wo wir Anups Familie treffen und gemeinsam beschließen, eine kurze Regenpause zu nutzen, um ans Ufer überzusetzen, wobei die Pause auf der Hälfte der Strecke endet, was erstens dazu führt, dass wir extrem schnell paddeln und zweitens stark durchnässt das Ufer erreichen. Ein gelungener Ausflug, wo der Tag doch schon so vielversprechend begann.

Mir bleibt nichts anderes über, als mich zunächst ins Hotel zu begeben und mir trockene Sachen zu anzuziehen, bevor wir alle zusammen in einem indischen Restaurant zu Abend essen. Nur eben nicht ganz zur selben Zeit, da Anups Eltern, samt Bruder und Cousine, schon voraus gegangen ist und Anup uns hinterher führt. Dank seines überdurchschnittlich ausgeprägten Orientierungssinns laufen wir nur ca. 3-4 Mal am Restaurant vorbei und kommen 30 Minuten zu spät, so dass die eine Hälfte gerade ihr Essen bekommt, als die andere Hälfte bestellt. Dies tut der Köstlichkeit der Speisen jedoch keinen Abbruch und so schlemmen wir uns durch diverse Curry’s, Naans und Lassis. Mit vollem Magen machen wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Platz, um Toms Abschied zu feiern, da dieser am folgenden Tag nach Pokhara und kurz darauf zurück nach England reisen wird. Die Suche dauert auch nicht lang und wir sitzen in einer Mischung aus Bar und Restaurant, wo das Bier zwar immer noch 3€ kostet (durchaus normal in Nepal), aber es eine ganze Flasche lokalen Gin für 8€ gibt, die gut gemischt mit Tonic sogar genießbar wird, was man von dem sogenannten „Whiskey“, wir entschließen uns auf die „Premiummarke“ Officers Choice zurückzugreifen, leider nicht behaupten kann. Bei diesem bietet sich mir bei jedem Schluck die Gelegenheit, die Kunst gegen den Würgereiz zu trinken zu perfektionieren, was ich jedoch bereits nach dem ersten Glas aufgebe, wodurch ich halbwegs nüchtern bleibe und mir Übelkeit und Brechreiz erspart bleiben.

Tom scheint nicht gerade erfreut, als sein Wecker um 6.30 Uhr klingelt und er mit brummendem Schädel erwacht. Kurz frisch gemacht und schon ist er auch schon auf dem „Heimweg“, ein herber Verlust. Doch auch wir starten gegen 8.30 Uhr, d.h. wir wollen starten, doch zunächst wird hart mit dem Hoteleigentümer über den Preis verhandelt, da das warme Wasser nicht warm war und wegen anderer Kleinigkeiten. Nach 30 Minuten darf ich mich über meinen Anteil an der Ersparnis in Höhe von 60 Cent freuen und ich bedanke mich beim Verhandlungsführer, der so energisch gefeilscht und uns eine halbe Stunde Wartezeit beschert hat. Vor den Toren des Hotels wartet ein Jeep (TATA-Mobil), der uns alle zum Ausgangspunkt der Wanderung nach Gorkhan bringen soll und nur einen Haken hat: es gibt sieben Sitzplätze für neun Personen, von denen wir acht im Jeep unterbekommen, ich ziehe es jedoch vor, mir es mit Kapuze und winddichter Jacke auf dem Dach des Wagens bequem zu machen, was dafür sorgt, dass ich während der Fahrt von Einheimischen freundlich gegrüßt und von Touristen verwundert fotografiert werde. Nach anderthalb Stunden Fahrt auf holprigen Serpentinen über dunstige Hügel beginnt unsere Wanderung, die aber schon nach kurzer Zeit an einer Kontrollstation des Nationalparks endet, wo man unser Permit sehen möchte, welches wir aber nicht besitzen, da niemandem bewusst war, dass wir dieses benötigen werden. Um den Erwerb vor Ort für Touristen attraktiv zu machen, wird der ursprüngliche Preis von 20€ um 100% erhöht und damit entfällt der Tagestrip für uns, da niemand gewillt ist, den geforderten und absurden Obolus zu entrichten. Anup und seine Familie marschieren weiter, nachdem wir ihnen ausführlich versichert haben, dass wir alleine zu Recht kommen, da sie als Nepalesen keinerlei Gebühr zu entrichten haben.

Wir schmieden kurzerhand Plan B und heuern einen Guide an, mit dem wir per Taxi ein paar Bergkuppen weiterfahren und nun nach Dhampus laufen werden, da dort kein Permit benötigt wird, aber spektakuläre Ausblicke auf die Anapurnarange auf uns warten. Kaum auf dem Pfad angekommen, der uns bergauf führt, setzt auch schon ein monsunartiger Platzregen ein, der die Lust zu wandern erheblich mindert, aber wir haben Glück und ein Jeep kommt vorbei, auf dessen überdachter Ladefläche wir gegen Entgelt Platz nehmen dürfen und an all denen vorbei fahren, die im strömenden Regen mehr oder weniger freudig weiter marschieren. So erreichen wir pünktlich unser Nachtlager, schlicht aber sauber, und versuchen hinter den uns umgebenden Hügeln und dem Dunst, der wie ein dichter Schleier allgegenwärtig ist, einen Blick die schneebedeckten Gipfel zu erhaschen – erfolglos.

Jedoch wird uns gesagt, dass am Morgen eine gute Sicht zu erwarten sei, was uns dazu bewegt, nach einer kurzen und kalten Nacht um 6.00 Uhr aufzustehen, um den Sonnenaufgang zu betrachten, der jedoch hinter Wolken verborgen ist. Wir probieren ein Letztes und erklimmen den etwa 2.000m hohen Gipfel des „Hausberges“, ohne dass sich die Sicht bessert, um dort im Restaurant zu frühstücken und Postkarten vorgelegt zu bekommen, was uns denn erwartet hätte. Angesichts der mageren Realität fast ein Grund zum Heulen.  Dazu kommt es jedoch nicht, denn wir machen uns kurzerhand an den Abstieg, der uns größtenteils über aus Natursteinen gearbeitete Treppen, vorbei an Reisfeldern und kleinen Häuschen führt, bis wir endlich die Straße erreichen, wo wir auch sofort einen Bus bekommen, der uns pünktlich zum Mittag zurück nach Pokhara bringt.

Die relevanten Ereignisse der nächsten Tage sind schnell erzählt. Meine britischen Freunde reisen ab, Richtung Chitwan Nationalpark, wo man auf Elefanten im Park reitend eventuell exotische Tiere (Flußpferd, Tiger etc.) bewundern kann und ich warte auf besseres Wetter, da ich noch mal in die Berge, oder zum Paragliden will und zwar mit Ausblick! Doch stattdessen wiederholt sich jeden Tag die gleiche Tragödie. Der Tag beginnt mit leichtem Sonnenschein, es zieht sich zu um Mittag und entlädt sich anschließend in prasselnden Regengüssen, so dass ich nach einigen Tagen des Wartens aufgebe und zwei Tage Wassersport (Canyoning und Kayaking) ab dem 6.11. buche.

Mit meiner neuen Gruppe stehe ich im feschen ärmellosen Neoprenanzug, sowie mit Helm und Klettergurt bekleidet, irgendwo entlang des Trisuli zwischen Pokhara und Katmandu an einem Wasserfall und höre mit geminderter Aufmerksamkeit den Ausführungen unsere Guides zum Thema „Abseilen“ zu. Abseilachter, Seilführung und Sicherungsmaßnahmen sind hinlänglich bekannt und es soll endlich losgehen. Das macht es auch und zwar mit einem Sprung in das Becken des Wasserfalls, welches ca. 5-6m unter uns liegt. Von dort aus beginnt die erste Abseilübung entlang des Felsens, durch die von oben herabprasselnden Wassermassen. Dies wechselt sich ab mit „Rutschen am Seil“ und weiteren Sprüngen. Rutschen am Seil heißt, dass man auf dem Rücken auf dem Stein liegend und an einem Seil gesichert dem Fluss des Wassers folgt, bis man in einen weiteren Pool schießt. Grundsätzlich ist Canyoning eine sehr spaßige und Adrenalin ausschüttende Aktivität, jedoch haben wir einen kalten Tag erwischt und sind eine relativ große Gruppe, was bedeutet, dass die Wartezeiten zwischen den Aktivitäten recht hoch sind, da jeweils nur einer am Seil ist und diese Kombination führt dazu, dass wir die meiste Zeit frierend warten und es dunkel wird, bevor wir am Ende der Tour sind, so dass wir absteigen und mit dem Bus zum Camp fahren, wo wir die Nacht verbringen werden. Um den Tag zu perfektionieren, setzt ein kräftiger Schauer ein, als der Bus hält, um uns in die Nacht zu entlassen. Nun müssen wir nur noch kurz trockene Kleidung anziehen, eine ca. 150m lange Hängebrücke über den Trisuli überqueren, durch ein kleines Dörfchen stapfen, durch ein, zwei kleine Flüsschen waten und an einer glitschigen Felskante entlang balancieren, bevor wir das Camp im Dunkeln erreichen, wo ich es mir nach dem Abendbrot mit einem geborgten Schlafsack unter dem Dach des Gemeinschaftsbereiches gemütlich mache.

Die Sonne weckt mich, jedoch nicht zu zeitig und nach dem Frühstück soll es mit dem Kayak auf den Fluss gehen. Unser Guide vom Vortag ist wieder nach Pokhara gereist, an seiner Statt haben wir es jetzt mit ein paar Endteens, Anfangtwens zu tun, deren Hauptbeschäftigung es zu sein scheint, möglichst cool zu sein und den anwesenden Damen zu imponieren. Gegen halb zehn machen sie sich auch schon in die Spur um Boote und Ausrüstung zu uns zu bringen, was an sich maximal 30 Minuten dauern sollte und schaffen es tatsächlich gegen halb eins zurück zu sein, mit zwei Kayaks – für drei Personen. Um es kurz zu machen, nach einer weiteren halben Stunde haben sie auch das dritte Boot an Ort und Stelle geschafft und wir starten unsere ersten Versuche in einem ruhigen Seitenbecken des Flusses, was an und für sich ganz gut klappt, nur dass mein Kayak immer in eine Richtung steuert, in die ich nicht will und auch nicht gerudert habe. Hinzu kommt, dass außer den beiden Guides niemand die Eskimorolle hinbekommt, aber alle bei dem Versuch reichlich Wasser in die Nase bekommen. Ich glaube meine Nasennebenhöhlen wurden noch nie so gut gespült, wie an diesem Tag. Nach ca. zwei Stunden gibt es Mittag und anschließend wollen unsere arbeitswütigen Guides mit uns Volleyball spielen, was wir dankend ablehnen, mit dem Hinweis, dass wir nun gerne etwas auf dem Fluss herumpaddeln würden. Die ersten Meter sind problemlos, der Strom trägt uns ruhig fort und wir müssen nur ab und an die Richtung mit dem Paddel justieren, bis wir zur ersten Stromschnelle gelangen, die gar nicht mal so wild aussieht, in der jedoch zwei von drei Booten kentern und die beiden Insassen unter Wasser aussteigen müssen, aber dank Rettungsweste an der Oberfläche von der Strömung davon gerissen werden. In diesem Zusammenhang kann ich aus erster Hand berichten, dass man sich fühlt, wie ein Stück Holz, das unfähig ist seine Bewegungsrichtung im Wasser zu kontrollieren. Als die Kraft des Wassers nachlässt, gelingt es uns, an das Ufer zu schwimmen und die Guides haben auch mittlerweile die Boote und Paddel eingesammelt, so dass wir unsere Tour nach der kurzen Unterbrechung fortsetzen können. Der Rest verläuft unspektakulär, noch drei, vier weitere Stromschnellen, einfacher als die erste, indische Touristen, die auf uns zuströmen, nachdem wir angelegt haben und scharf auf Fotos mit uns sind und eine Rückreise samt Booten auf dem Busdach. Der Tag klingt aus mit Beachvolleyball und Lagerfeuer, an dem unsere postpubertären Helden ihr können an der Gitarre demonstrieren.

Da das Camp ein beeindruckend ruhiger und friedlicher Ort ist, mit dem Gefühl von Strand, Wasser und die Sonne scheint, beschließe ich den nächsten Tag noch dort zu verbringen und am 9. November mit Patrick aus den USA, der nach einigen Jahren als Pilot für Hilfsorganisationen in Afrika auch erst mal eine Auszeit braucht, zurück nach Katmandu zu fahren. Für die 100km brauchen wir im Localbus nur 3,5 Stunden, die wir durchgehend mit indisch-nepalesischer Musik aus einer minderwertigen Box beschallt werden, während wir uns in unsere Sitze gezwängt haben. Nach unserer Ankunft in Katmandu suchen wir uns ein Hostel (Monumental Palace, das Hostel wird dem Namen nicht ganz gerecht) in der Freak Street, die so heißt, weil sich dort die ersten westlichen Touristen, zumeist Hippies, vor einigen Jahrzehnten einquartiert hatten und die direkt neben dem historischen Durbarsquare liegt und belohnen uns mit einem kühlen Bier. Es gibt wenige Kreaturen, die nachts in den Straßen Katmandus unterwegs sind, jedoch sind die meisten von diesen vierbeinig und entweder heilig (Kühe), oder Hunde. Während beide Spezies um die essbaren Reste im Straßenmüll konkurrieren, streifen die Kühe lautlos durch die Nacht, nicht jedoch des Menschen bester Freund. Nein, dieser ist bemüht, sich in kleinen Grüppchen zusammenzurotten und dann zu konzertieren, was dem ein- oder anderen Tierfreund romantisch erscheinen mag, jedoch stark störend ist, wenn man schlafen möchte, da Doppelfenster und Schallisolierung in Nepal quasi non-existent sind.

Mittlerweile mache ich mir schon Gedanken, wie ich am besten nach Indien komme und bin zu dem Schluss gekommen, dass ein Visum ein guter Anfang wäre, was mich dazu veranlasst am nächsten Morgen die indische Visaagentur aufzusuchen, was dank Googlemaps auf dem Smartphone und Karte im Cache sehr einfach ist und nur einen 45 minütigen Spaziergang durch die belebten Gassen und entlang einiger größer Straßen Katmandus erfordert. Vor Ort angekommen, weist nur ein kleines Schild am Eingang darauf hin, dass wegen des Geburtstags eines Gurus geschlossen sei. Hocherfreut laufe ich also wieder zurück und beschließe die gewonnene Zeit zu nutzen, um mich nach neuen adäquaten Schuhen umzusehen. Und siehe da, gleich im ersten Outdoorshop in Thamel, den ich betrete, gibt es Schuhe in meiner Größe, was seit der Mongolei ein Problem war. In China lachte einmal der ganze Laden und teilte mir mit, man hätte nur Schuhe bis Größe 43. Die Schuhe haben nur einen Haken, angeblich sind es Originale und keine Fälschungen und sollen daher 100€ statt 25€ (für Fakes) kosten. Nach langem hin- & herüberlegen und prüfen der Schuhe, entscheide ich mich dafür sie zu kaufen und laufe stolz in ihnen zurück zum Hostel. Im gleichen Atemzug habe ich auch noch ein Langarmshirt und eine gute Kopflampe erworben, nachdem sich meine aus Deutschland mitgebrachte Baumarktversion in den Nächten am Fluss als nahezu unbrauchbar herausgestellt hat.

Am Nachmittag quälen wir uns durch die übervollen, geschäftigen Straßen und laufen, begleitet von dem  allgegenwärtigen Hupkonzert, was einfach zum Verkehr dazugehört, in anderthalb Stunden zur hinduistischen Tempelanlage Pashupatinath, die an einem Fluss liegt, welcher – wie alle innerstädtischen Flüsse Nepals – eher einem Abwasserkanal mit integrierter Mülldeponie ähnelt und in welcher Hindus ihre Toten verbrennen, um die Asche anschließend in den Fluss zu streuen. Nachdem wir das beachtliche Entgelt von 500 Rupies (ca. 5€) entrichtet haben, dürfen wir uns kiffende, buntbemalte Sadhus umringt von altehrwürdigen Tempelmauern in nur wenigen Metern Entfernung von brennenden Holstapeln, die um die Körper der Verstorbenen geschichtet sind, anschauen, setzen uns auf eine Treppe am Flussufer und tauchen ein in diese surreale Szenerie.

Der neue Tag ist angebrochen und der Kalender zeigt den 11.11. – Karneval, Kölle Alaaf! – jedoch scheint man in Katmandu noch nichts davon gehört zu haben und so spare ich mir das Verkleiden und gehe wieder zur Visaagentur, die heute auch öffnen wird. Es ist 8 Uhr und die Bearbeitung beginnt um neun, dennoch bin ich der Zwanzigste in der Schlange, die sich vor der noch verschlossenen Tür gebildet hat, bekomme jedoch ein Ticket mit der Aufschrift A10, beim Betreten des Geländes, was mich hoffen lässt, das ich in absehbarer Zeit wieder verschwinden kann, was sich jedoch als Irrtum herausstellt. Die Uhr zeigt exakt 11.44 Uhr (auch um 11.11 Uhr gab es kein Alaaf…) als meine Nummer aufgerufen wird und ich nun mein Faxformular abgeben und 300 Rupies (3€) bezahlen darf, bevor man mir mitteilt, ich solle frühestens am 17.11. wiederkommen und könne dann mein Visum beantragen. So komme ich erst wieder im Hostel an, als Patrick bereits abgereist ist, ohne ein Abschiedsbier.

Den Rest des Tages und den folgenden Tag verbringe ich mit wichtigen Dingen wie Schach spielen, Blog schreiben, Trekking planen, Busticket kaufen und Tee trinken.

13.11. Wow! Ich bin in Syabrubesi, lebend, noch heute..ein Wunder. Doch beginnen wir am Anfang des Tages, oder besser am Ende des Letzten. Seit meinem Umzug im Monumental Palace (nach Patricks Abreise wurde ich in ein anderes Zimmer einquartiert), habe ich keinerlei akustische Probleme mehr mit Straßenhunden, dafür liegt mein Fenster nun genau unter der Partyterrasse eines benachbarten Hostels und dort geht mächtig die Post ab, so dass ich es schaffe gegen 3.20 Uhr einzuschlafen, nachdem die Musik etwas leiser gedreht wurde und ich diese nun mit eigener Musik in Kopfhörern übertönen kann. Immerhin habe ich noch mehr als 2,5 Stunden Schlaf, bis mein Wecker klingelt. Fünf Minuten, nachdem dieser es tat, wird die Musik neben mir ausgestellt und alle gehen erschöpft ins Bett, nur ich nicht, ich steige aus dem Bett und gehe Zähne putzen.

Schnell eines der vor dem Hostel rumlungernden Taxis geschnappt und schon bin ich auf dem Weg zum New Bus Park, Dunche Counter, den ich kurz nach 7.00 Uhr erreiche. Ich bin da, mein Bus nicht, der kommt fünf Minuten vor der geplanten Abfahrtszeit und wir verlassen Katmandu mit 20 Minuten Verspätung, denn wer hätte vermutet, dass das Beladen des Busses – Menschen, Gepäck und allerlei Güter wollen auf Sitzen, dem Gang und dem Dach untergebracht werden – mehr als fünf Minuten in Anspruch nimmt. Egal, denke ich noch, ich habe jetzt 8-9 Stunden (für 100km) im Bus vor und etliche schlaflose hinter mir, eine perfekte Kombination und versuche  es mir in meiner Ecke in der letzten Reihe bequem zu machen, als ich auch schon die Qualität der Straßen zu spüren bekomme. „Die ersten vier Stunden fährt man auf einer guten Asphaltstraße, bevor man auf unwegsame Wege abbiegt..“, so in etwa erinnere ich mich an die Worte des Lonely Planet. Ha, ist der Autor Nepali? War der jemals in Deutschland? Kann der überhaupt einordnen, was „gute Asphaltstraße“ heißt? Jedenfalls hüpft das Heck des Busses und schlenkert, dass es eine wahre Freude ist. An Schlafen ist nicht zu denken, eher an Übergeben, was ich durch Konzentration, Atemübungen bei geöffnetem Fenster und zaghaftes Verzehren von drei der sechs vor der Fahrt erworbenen Minibananen zu verhindern suche, mit Erfolg. Irgendwann ist es jedoch soweit, unausweichlich und nicht mehr zeitlich verschiebbar ergießt sich mein Mageninhalt in eine – zum Glück dichte – Tüte. Just in dem Moment, als alle Bananen, wenn auch nicht mehr im Urzustand, wieder vereint sind und auch kein Magensaft mehr verfügbar ist, halten wir – Mittag. Dies klemme ich mir und schlucke stattdessen eine Pille gegen Übelkeit, die mir das neben mir sitzende belgische Paar, vermutlich aus einer Mischung aus Mitleid und Eigennutz, netterweise vermacht hat und die wirkt auch. Die Mittagspause wurde vom Fahrer und seinem Assistenten (der das Fahrgeld einsammelt, Leuten auf der Straße ins Gesicht schreit wo wir hinfahren, Gepäck aufs Dach befördert und während der Fahrt vom Dach in den Bus und wieder zurück klettert) dazu genutzt, einen defekten Reifen zu reparieren und zu wechseln. Leider reicht die Pause jedoch nicht und so stehen wir noch eine halbe Stunde um die beiden herum, bis alles erledigt ist und uns ein netter Nepalese mitteilt, das die Straße nun holperig werde, worauf ich ihn am liebsten mit meiner Tüte Kotze konfrontieren und fragen möchte, wie er denn die Straßenverhältnisse während der vergangenen vier Stunden bezeichnen würde, spare mir dies jedoch mit Rücksicht auf die Deutsch-Nepalesische Freundschaft und begebe mich wieder in meine Ecke in der letzten Reihe. Beim nächsten Halt steigen ein Ziegenhirte, samt seiner drei Ziegen dazu und da der Fahrgastraum schon überfüllt ist – auf dem Gang stapelt sich das Gepäck und jedes Aus- und Einsteigen ähnelt einer Kletterroute der Stufe 4 – setzen sich eben alle zusammen auf das Dach – Freilufthaltung.

In der Tat wird die Straße vorerst gar nicht schlechter, sondern besser, hat aber dafür Stellen, wo mongolische Straßenbaukunst ein Fortschritt wäre, immerhin stoße ich mir den Kopf öfter an einem Tag im Bus in Nepal, als in 18 Tagen kreuz und quer durch die Mongolei. Auch die engen Serpentinen, denen man mitunter die Folgen der letzten Erdrutsche noch ansieht und diese auch spürt, kombiniert mit steil abfallendem Gelände direkt neben meinem Fenster, den Wolken die wir durchfahren – der nepalesische Verkehrsfunk würde Sichtweiten unter 20m attestieren, wenn es ihn denn gäbe – und dem penetranten Geruch schleifender Kupplung, lassen die zweite Hälfte der Reise auch nicht gerade als Vergnügen erscheinen. Noch schnell 27€ am Checkpoint bezahlt, 10€ Eintritt in den Nationalpark Langtang, 17€ für einen Ausweis des Trekkers Information Management System, wo dokumentiert wird, wer ich bin und was ich mache, der allerdings nur einmal gültig ist, an zwei weiteren Checkpoints kontrolliert werden, bei einem Zwischenhalt fix Geld aus dem Automaten geholt und endlich am Ziel. Wow! Ich bin in Syabrubesi, lebend, noch heute..ein Wunder. Nach diesem Tag bleibt mir nicht mehr viel anderes zu tun, als zu Speisen und zu Schlafen. Es ist 19 Uhr.

Ich habe mich entschieden in der Langtang Region ein paar Tage zu trekken, d.h. von Syabrubesi aus wandert man laut Reiseführer 2-3 Tage bergauf nach Kyanjin Gompa, kann dort ein paar Aussichtspunkte erklimmen, oder einen Gletscher besteigen und kehrt wieder zurück. Dies ist die kürzeste und für mich zweckmäßigste Variante, da mein nepalesisches Visum am 23.11. ausläuft und ich es nicht unbedingt verlängern möchte.

Ich beginne meine Wanderung um 7 Uhr und werde auch gleich an einem Checkpoint, noch innerhalb der recht trostlosen Ortschaft (einige Hostels und Geschäfte entlang einer staubigen Strasse) registriert, bevor ich eine erste Hängebrücke überquere und mich nun in dem alten Syabrubesi wiederfinde, was eher den Charme eines tibetischen Bergdorfes hat. Die Wanderung beginnt recht einfach, ich folge dem Pfad entlang eines Flusses und es gilt nur kleine Steigungen zu überwinden. Ab und an passiere ich Lodges, oder Restaurants, wo man mir jedes Mal ein Zimmer, einen Tee oder etwas zu essen angedeihen möchte. Mit zunehmender Höhe (Syabrubesi liegt auf ca. 1.600m) wird die zuvor dschungelartige Vegetation spärlicher und auch der Grad der Steigungen nimmt zu. Gegen 12.30 Uhr habe ich die laut Lonely Planet erste Tagesetappe hinter mir, fühle mich aber noch nicht erschöpft und weiß auch gar nicht was ich mit der vielen Zeit dort anfangen sollte und so beschließe ich weiter zu gehen, mal sehen wie weit ich es schaffe. Die Berge Nepals sind in gewohnter Weise verhangen und man hat Glück, wenn man den Hügel nebenan noch sieht. Mittlerweile ist es kurz vor 17 Uhr und ich quäle mich ein besonders steil ansteigendes Stück des Pfades empor, habe ich doch im Laufe des Tages den Ehrgeiz entwickelt zwei Tagesetappen an einem Tag zu machen, als ich auf Pema treffe. Pema ist Tibeter, Bergführer und hat zufällig eine Lodge direkt um die Ecke. Aber er scheint das Herz am rechten Fleck zu haben und nicht nur auf mein Geld zu schielen, so dass wir gemeinsam weitergehen, bis wir seine Lodge in Langtan Gompa erreichen, ich einen Blick auf die Zimmer werfe und von dort aus sogar mein eigentliches Ziel, Langtang Village, in 10 Minuten Gehweite erblicken kann. Zudem hat er „gas hot shower“ was ein zusätzliches Ass in seinem Ärmel ist und so beschließe ich dort zu bleiben, mein Essen von seiner Tochter zubereiten und mich von einem Australier zwei Mal in Schach besiegen zu lassen, bevor ich auf 3.400m nach ca. 9 Stunden Wanderung erschöpft unter meine beiden Decken krieche und versuche mich vor der Kälte zu verstecken.

Eine Überraschung erwartet mich am nächsten Morgen, der Himmel ist fast klar und die Sonne scheint und dies verändert die Umgebung derartig, dass ich das Gefühl habe, ich bin an einem vollkommen anderen Ort. Auf einmal sind schneebedeckte Gipfel in nah und fern sicht- und bewunderbar. Ich schnappe mir meine Kamera und mache schnell ein paar Bilder, bevor ich zurück in meinen Raum eile, meine Sachen packe, was ungefähr 10 Minuten in Anspruch nimmt und wieder vor der Lodge stehe und meinen Augen nicht trauen kann. In nur zehn Minuten sind die Wolken das Tal hinauf gezogen und es ist vorbei mit der guten Sicht, so dass ich mir noch ein Frühstück gönne, bevor ich nach Kyanjin Gompa aufbreche.

Den Ort erreiche ich nach ca. 2,5 Stunden und er besteht fast ausschließlich aus Lodges, einer Bäckerei mit Cafe und einer staatlichen Käsefabrik. Da ein Aufstieg zu einem der Aussichtspunkte, oder zum Gletscher aufgrund des Wetters wenig verlockend erscheint, besuche ich die Käsefabrik, die eine Sorte Schnittkäse, ähnlich einem Schweizer Bergkäse in erstaunlich guter Qualität zu einem erstaunlich niedrigen Preis (1kg = 5,70€) anbietet und erwerbe dort 1kg für Pema, wie mir aufgetragen wurde und ein paar hundert Gramm für mich, was zusammen mit einem „German Bread“ aus der Bäckerei mein Mittagsmahl wird.

Meinen eigentlichen Plan, am gleichen Tag wieder nach Kyanjin Gampo zurück zu kehren, habe ich mittlerweile ad acta gelegt und verbringe nun den Nachmittag im Cafe Dorje und warte auf besseres Wetter, was sich an diesem Tag nicht mehr einstellt.

Um 6.00 Uhr in der Früh breche ich auf zum Kyanjin Ri und hoffe, dass es nicht schon wolkig ist, wenn ich den Gipfel erreiche. In der Nacht hat es geschneit und die Hänge sind mit einem dünnen weißen Schleier überzogen, wodurch es schwierig ist den richtigen Weg zu finden. Aber ich verlaufe mich nur einmal bei meinem Aufstieg und stehe um 8.00 Uhr bei klarer Sicht als erster an diesem Tag auf dem Gipfel und es dauert weitere 30 Minuten, bis ich erstens nicht mehr alleine bin und zweitens Wolken aufziehen. Also steige ich wieder ab und setze mich beim Cafe in die Sonne, bevor ich mich auf den Rückweg zu Pema und seiner Lodge mache.

Am nächsten Tag setze ich meinen Weg in Richtung Syabrubesi fort, wo ich nach nur 6,5 Stunden Wanderung erschöpft ankomme und belohne mich mit einem schönen kühlen Bier, nachdem ich ein Busticket für den nächsten Morgen erworben habe. Die Nacht ist kurz, denn der Bus fährt um 6.30 Uhr ab, aber ich konnte diesmal einen Platz in der Mitte ergattern, so dass ich nicht ganz so durchgeschüttelt werde und zudem habe ich auch noch eine Tablette des Zaubermittels, welche ich präventiv zu mir nehme und so nimmt die Fahrt einen angenehmeren Verlauf als beim letzten Mal.

Und schon sind meine letzten Tage in Katmandu gekommen, das Wochenende nutze ich, um mich von den Strapazen der Wanderung zu erholen, bevor ich am Montag erneut die Visaagentur aufsuche, wiederum um 8.00 Uhr, aber diesmal bin ich Nr. 50, so dass ich bis 14.00 Uhr warten muss, bis ich meinen Visaantrag abgeben und mein Visum um 18.00 Uhr abholen darf.

Mit dem Visum im Pass kann ich nun am nächsten Tag auch endlich mein Busticket kaufen, mittlerweile wird die Zeit schon etwas knapp, denn mein nepalesisches Visum endet morgen. Die Dame in der Agentur ist freundlich und erklärt mir, wo der Meeting Point ist, denn das gehöre zum Service und ich bräuchte kein Taxi nehmen und könnte so Geld sparen. Das klingt großartig und nachdem auch dies erledigt ist treffe ich mich mit Anup und zwei seiner Freunde, bevor es auf eine erneute Tour das Katmandutal und einige kleine bezaubernde Dörfchen geht. Ein gelungener letzter Tag in Nepal.

Heute ist es also soweit, ich werde nach Indien fahren. Um 6.00 Uhr soll ich am Bhimsen Tower sein, von da aus würde der Transport zum Bus organisiert. Ich bin zu spät, zwei Minuten, aber es ist niemand zu sehen und als ich nach meinem Reiseunternehmen frage, verweist man mich an ein geschlossenes Büro, das allerdings um 8.00 Uhr öffnen würde. Leider habe ich keine Zeit so lange zu warten, schnappe mir das nächste Taxi und fahre, nun doch auf eigene Kosten zum Abfahrtsort des Busses. Unglücklicherweise befindet sich dieser an einer großen Kreuzung und dort stehen mehr als 30 Busse weiträumig verteilt und mein Nachfragen hilft auch nicht weiter, denn wenn der eine Nepalese nach links weist, deutet der nächste nach rechts. Somit bleibt mir nichts anderes übrig, als einen der öffentlichen Busse zur Grenze zu nehmen und erneut zu bezahlen. Aber halb so wild, immerhin werde ich das Land rechtzeitig verlassen. Das denke ich zumindest, bis wir nach zwei Stunden Fahrt in einen Megastau geraten, der uns vier Stunden Verzögerung einbringt. Doch immerhin schaffen wir es den Stau hinter uns zu lassen und erreichen den flacheren Süden des Landes sogar noch vor Einbruch der Dunkelheit. Noch ein letztes Mal umsteigen in einen Minibus, der mich 50m vor der Grenze absetzt, meinen Rucksack geschultert, den Ausreisestempel geholt und ich gehe auf den Grenzübergang in Sonauli zu, der aus ein paar rostigen geöffneten Schranken besteht und eher einem veraltetem Bahnübergang gleicht, wären da nicht zwei Bewaffnete….

About Steffen

Born in 1980 in good old Magdeburg in the GDR (German Democratic Republic). Stayed there for a while, than went to Cuba for a few months. Afterwards finished my studies of business and computer science and started to work in a big consultant enterprise. Quit this job for obvious reasons. Due to the lack of goodwill at the ZVS I started to work as a freelancer in the sector of SAP consulting in Cologne. Planned to do this only for a few months, now nearly passed by two years. Well, time to move on...
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6 Responses to 30 Tage Nepal

  1. christanbul says:

    Dein blog wird meine lektüre im flieger, Alles gepackt, ready for kostantinopel… zwischenhalt aufn lecker brot in annasbakery? 🙂

  2. Frieda :D says:

    Also 1. Ich fand den Schnörres super (hilft bei Nasendiarrhoe – klappt also vllt. auch am Hintern…).
    Und 2. Bei Reiseübelkeit immer beachten: niemals im Bus hinten sitzen! Kaugummikauend schön weit vorne, am Besten direkt erste Reihe rechts mit Blick durch die Frontscheibe (klassenfahrterprobter Erfahrungswert).

  3. Rauol says:

    Hallo Steffen,

    alles klar bei dir.??Das sind ja wieder echt tolle Sachen die du erlebt hast.
    Uns geht es gut,es wird langsam Winter in der DDR.
    Was denkst du dir immer mit deinem Bart, soll ich von Annika fragen.
    Bestell deiner Gang schöne Grüsse.
    Ich wünsche dir noch eine besinnliche und schöne Weihnachtszeit falls wir uns nicht noch mal lesen.
    Gruss Emilian, Annika und Gordon…

  4. Matti N. says:

    Moinsen aus der Heimat!

    ich dachte ich lass mal einen Jahresendgruß hier, wo auch immer du ihn lesen wirst.
    Du erlebst sehr beeindruckende Gegenden der Welt und ich hoffe, du nimmst dir die Zeit und erkundest potentielle Lokalitäten für die Ocean´s Twelve. Du weißt ja, worauf die Herrenrunde so steht.
    Wir werden zu Silvester das ein oder andere auf dich und deine heile Rückkehr trinken. Also weiterhin viel Spaß und tiefe Eindrücke.

    Von Niclas soll ich dir noch schreiben, dass du mehr Frauen fotografieren sollst. Weiß auch nicht was er damit will…

    Gruß aus Biederitz von uns den vier N.

  5. Rauol says:

    Moin Steffen,

    lange nix gelesen von dir, hast du kein Indernet. Ich wünsche dir noch ein echt tolle und erfolgreiches Jahr 2012. Ich hoffe du bist gut rein gekommen.
    Also lass was von dir hören, bis die Tage.

    Gruss Gordon,Emil, Annika

  6. Bine says:

    spannend wie immer 😉 ich habe deinen Cubablog schon geliebt…schön dass man an deinen reisen immer teilnehmen kann..schade nur dass wir uns nicht verabschiedet haben 🙁

    LG Grüße

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