Von China nach Nepal – übers Dach der Welt

Eine Mischung aus asiatischen Gewürzen, altem Fett und menschlichen Ausdünstungen begrüßt uns bei unserem Eintreffen in den überfüllten Wartesaal Nr. 1 der Chengdu North Railway Station, in dem sich bereits mehrere hundert Menschen drängen. Die Gates zu Bahnsteig 2, auf dem unser Zug in 40 Minuten abfahren soll, sind noch geschlossen, doch hat sich vor diesen bereits eine beachtliche Schlange von Chinesen gebildet, die scheinbar befürchten, keinen Platz mehr zu bekommen, obwohl doch eine Reservierung obligatorisch ist. Als sich die Tore endlich öffnen, strömen wir mit der Masse zu unserem Gleis und nach einer Kontrolle von Ticket und Permit, auch in den Zug.

Zufälligerweise ist mein Abteil direkt neben dem der Anderen, so dass wir umgehend versuchen, mein Bett zu tauschen, was unter Einsatz von Händen, Füßen und Chris Chinesisch-App tatsächlich gelingt und so sitzen wir alle im gleichen Abteil, als der Zug den Bahnhof verlässt. Als um 22 Uhr das Licht im Waggon erlischt und die Gespräche nach und nach verstummen, gehen auch wir zu Bett.

Nahezu geräuschlos und äußerst sanft gleiten wir durch die Nacht, doch Punkt 7 Uhr wird das grelle Licht im Zug wieder eingeschaltet und mit lautstarker chinesischer Musik unterlegt, so dass der Waggon nach und nach erwacht und auch ich von meiner Pritsche steige. Die Strecke von Chengdu nach Lhasa gleicht einem Dreieck und so fahren wir erst einen Tag nach Nordwesten, bevor es einen weiteren Tag nach Südwesten geht. Der Tag plätschert dahin, bei Kartenspiel und Tee, sowie interessierten Blicken aus dem Fenster, ob der sich ändernden Szenerie. Während die Städte sich einander gleichen und Deja-vú-artig wirken, wechselt die Landschaft zwischen Bergen, Feldern und Tälern. Nachdem wir endlich die Stadt Xining passieren, wechselt die Szenerie und es kommen Erinnerungen an die Mongolei in mir auf, als sich links und rechts der Trasse seicht geschwungene Hochtäler öffnen, begrenzt durch sanft ansteigende Hügelketten und ab und an einen dieser beeindruckenden, farblich intensiven, scheinbar endlosen Seen beinhaltend. Um 22 Uhr geht auch heute das Licht aus.

Aus den überall im Zug verteilten Düsen strömt mittlerweile Sauerstoff in den Zug, was bei einer Höhe von durchschnittlichen 4.000m ü.d.M. durchaus hilfreich ist, um Höhenkrankheit zu vermeiden und die aus den Lautsprechern  dröhnende Musik wird ab und an von einer sonoren Stimme unterbrochen, die auf Englisch Fakten zur Strecke mitteilt und die atemberaubende Szenerie die uns umgibt erläutert. So erfahren wir, während wir unsere Instantnudeln „genießen“, dass es die höchstgelegene Strecke der Welt ist, mit bis zu 5.200m ü.d.M., dass bei dem Bau nicht einzelner Arbeiter ums Leben kam, was auch auf die Errichtung diverser Sauerstoffkammern zurückzuführen ist, dass ein Teil der Strecke auf Permafrostboden errichtet ist, der künstlich gekühlt wurde, dass wir an einem heiligen See vorbeifahren, dessen Name mir jedoch entfallen ist, dass die Gipfel, die uns umgeben im Durchschnitt 6.000m hoch sind und dass Tibeter eigentlich Chinesen und allesamt eine große friedliche Familie sind. Nun mag der geneigte Leser entscheiden, welche dieser Fakten wahr sind.

Kurz vor 17 Uhr am 19.10.2011 erreichen wir Lhasa und mit leichten Kopfschmerzen und schnaufend, ob der dünnen Luft verlassen wir Zug und Bahnhof, bei fast wolkenlosem, blauen Himmel und brennender Sonne auf ca. 3.600m ü.d.M. Tash, Chris & Tom haben die letzten Tage bereits ausgiebig Prävention betrieben und ausgiebig Diamox konsumiert, ein Medikament, welches die Produktion roter Blutkörperchen stimuliert und somit den Sauerstofftransport im Blut erleichtert, dennoch ist kein Unterschied in unserem Wohlbefinden feststellbar.

Vor dem wider Erwarten modernen, aber dennoch verlassen wirkenden Bahnhof von Lhasa liegt ein enormer Platz, der aber dank umfangreicher Absperrmaßnahmen und zahlreicher Militärs und Sicherheitskräfte, die uns misstrauisch beäugen, menschenleer ist. Hinter den Absperrungen wartet uns bereits Kelsang, 22 Jahre alt, klein, zierlich, Tibeterin mit einem freundlichen Lächeln auf uns, begrüßt uns, nimmt uns in Empfang und fährt mit uns zum ersten Hostel, wo wir uns einfache Doppelzimmer ohne Duschen anschauen. Gut, wer braucht schon ständig ein eigenes Badezimmer auf Budgetreisen, aber als wir auf unser Nachfragen, wo sich denn die Gemeinschaftsduschen befänden, erklärt bekommen, es gäbe gar keine, beschließen wir nach zwei Tagen im Zug, dann doch ein anderes Etablissement aufzusuchen. Im Yakhotel werden wir fündig, dort gibt es ein preiswertes 4-Bettzimmer mit Bad auf dem Flur, aber heißem Wasser für 40 Yuan p.P. (<4€), in welches wir prompt einziehen.

Beim Gang zum Abendessen, zwei Straßen weiter, fallen uns die vielen Militärs und Polizisten in den Straßen von Lhasa auf, die in Pavillions postiert, oder einfach nur dumm rumstehend, schwer bewaffnet mit Pumpguns, Tränengaswerfern, Sturmgewehren und Feuerlöschern, das Straßenbild prägen und an die Worte im Zug von der großen friedlichen tibetisch-chinesischen Familie erinnern.

Um 9.30 Uhr sind wir mit Kelsang verabredet, um zwei Klöster/Tempel in Lhasa zu besuchen und nach einer unruhigen Nacht mit Kopfschmerzen fällt das Aufstehen schwer, doch den anderen geht es ebenso. Gerade so schaffen wir es noch, zu frühstücken, wobei auf Omelette verzichtet werden muss, da der Koch aus unerfindlichen Gründen nicht zur Arbeit erschien. Unser erstes Ziel an diesem Tag ist der Jokhang-Tempel im Herzen der Stadt gelegen, in dichte Rauchschwaden gehüllt, hinter dem die Sonne sich über die Stadt erhebt und vor dem sich Dutzende von Gläubigen 108-mal auf den Boden werden. Auffällig sind auch diesmal die vielen Uniformierten, die patrouillierend, oder auf Dächern postiert, das Treiben beobachten, oder einfach nur reglos und stumm da stehen. Vor dem Tempeleingang drängen sich die Tibeter, mit kleinen Geldscheinen und Thermoskannen, in denen sich flüssige Butter für die vielen kleinen Öllämpchen befindet, in den Händen. Der Tempel beherbergt noch ca. 150-200 von ehemals 2.000 Mönchen, doch der Großteil floh bereits vor Jahren nach Nepal, oder Indien. Im Inneren ist jedoch noch immer dieses besondere spirituelle Flair zu spüren, insbesondere, weil die Tibeter ihre Religion aktiv praktizieren und den Tempel mit Leben füllen. Als wir nach dem Verlassen des Tempels einige Fragen haben, werden wir darauf aufmerksam gemacht, dass der Platz auf mit Kameras und Mikrofonen überwacht wird und wir bestimmte Sachverhalte doch auch an anderer Stelle diskutieren können. Nach einer Stärkung mit süßem tibetischem Milchtee, geht es mit öffentlichen Verkehrsmitteln weiter zum Sera-Kloster. Im Bus sind wir die Attraktion für Alt & Jung. Während sich die Jüngsten meist schüchtern hinter ihren Eltern verstecken und die Älteren aufgrund von Sprachbarrieren unser freundliches Lächeln und „Tashi delek!“ (Hallo!) erwidern und noch ein paar gut gemeinte Brocken Tibetisch hinterherwerfen, sind es die Youngster, die Schulkinder, die ihr erlerntes Englisch, wenn auch nur spärlich vorhanden, so doch freudig und mit wenig Scheu an uns ausprobieren und uns so die Fahrt versüßen. Das Sera-Kloster selbst umfasst eine beeindruckende Anzahl von Gebäuden, jedoch teilt es das Schicksal sämtlicher Klöster in Tibet und beherbergt nur noch 200 von vormals 2.000 Mönchen, so dass etliche Gebäude leer stehen und allmählich verfallen. Der Kern des Klosters wird gerade restauriert und als wir schon fast dabei sind, das Hauptgebäude zu verlassen, entdeckt Tom eine hölzerne Treppe, die uns in die nach oben offene, aber seitliche von Gebäuden begrenzte 1. Etage führt, aber augenscheinlich nicht für Touristen bestimmt ist. Oben angekommen dringt aus einem der Seitengebäude eine Mischung aus Gesang und rhythmischen Stampfen an unsere Ohren. Neugierig geworden folgen wir diesen Klängen und nachdem wir eine weitere Treppe emporgestiegen sind, haben wir eine Gruppe von ca. 30 Jugendlichen, in Reihen aufgestellt in einem Raum vor uns, die singend und dabei vor und zurück tanzend, mit einem Stampfer in der Hand eine Schuttschicht verdichtend, die den neuen Boden des Raumes bildet, sichtlich erfreut sind, uns zu sehen, da wir eine willkommene Abwechslung zu ihrer Arbeit bieten. „Hello, Hello!“, „What’s your name?“ rufen sie uns entgegen und der ein oder andere möchte unbedingt unsere Hände schütteln, bevor auch wir jeder einen Stampfer bekommen und aufgefordert werden, uns einzureihen und unser Bestes geben, dem Takt zu folgen und unseren Teil zur Renovierung des Sera-Klosters beizutragen.

Im Garten des Klosters finden wir den klösterlichen Debattierclub, der gerade in vollem Gange ist. Während einige Mönche am Boden sitzen, stehen diese andere gegenüber und beide Seiten diskutieren lautstark, wobei der stehende Mönch seinen Worten jeweils durch ein lautes Klatschen in seine Hände Nachdruck verleiht und den Sitzenden auffordert, seinen Standpunkt klarer zu vertreten. Der Rückweg ist ähnlich amüsant wie der Hinweg und nach einer kurzen Rast im Hotel, brechen wir auf zu einem abendlichen Besuch des Pothala-Platzes, an dessen Seite auf einem Hügel gelegen, sich der beleuchtete und mächtige Pothala-Palast, ehemals Winterpalast des Dalai-Lamas, eindrucksvoll über den Platz erhebt. Gegenüber dem Palast haben die Chinesen am anderen Ende des monumentalen Platzes ein Denkmal installiert, samt Wachsoldaten, Fahne, beleuchtetem Springbrunnen und störend lauter Musik.

Da pro Stunde nur 100 Besucher im Pothalas-Palast zugelassen sind, Eintrittskarten einen Tag im Voraus erworben werden müssen und wir einen Slot um 14.00 Uhr bekommen haben, schauen wir uns vorher noch ein weiteres Kloster der Gelupgas (Gelbmützen, eine Lehrrichtung im Buddhismus) an, das Drepung-Kloster, ca. 10 km außerhalb Lhasas gelegen. In diesem Kloster lebte und wirkte auch der aktuelle Dalai Lama, dessen Abbild in China nicht gezeigt werden darf, und so kommen wir in den Genuss, Thron und Bett seiner Heiligkeit zu besichtigen. Auch die Klosterküche ist beeindruckend, besteht sie doch im Wesentlichen aus einem riesigen Ofen, in den überdimensioniert scheinende Kessel eingelassen sind, sowie etlichen Kesseln zum Ausschenken des Milchtees. Mit leichter Verspätung erreichen wir den Pothala-Palast und erklimmen die Stufen zum Eingang desselbigen. Genau eine Stunde haben wir Zeit, um alles zu besichtigen und bereits fünf Minuten Verspätung werden hart geahndet, Kelsang dürft dann drei Wochen lang keine Touristen durch den Palast führen. Also hasten wir vorbei an diversen Statuen, dem Meditationszimmer und dem Empfangszimmer des Dalai Lama, Kapellen die verblichenen Dalai Lamas gewidmet sind und ihren Gräbern, die zum Teil aus mehreren Tausend Kilogramm Gold und unzähligen Edelsteinen prachtvoll gefertigt sind, unter ständiger Beobachtung von Kameras, oder Angestellten, denn Mönche sind so gut wie nicht vorhanden, was insgesamt den Genuss des Besuches mindert. Aber dafür verlassen wir den Palast innerhalb der vorgegebenen Frist und ersparen Kelsang eine Menge Ärger, bevor wir dinieren und unsere Sachen packen, denn morgen geht es los, in Richtung Nepal.

Die Nacht habe ich mit zwei Decken verbracht, denn Heizungen scheinen in Tibet unbekannt und so bin ich zumindest dem Kältetod ein weiteres Mal entgangen, wenngleich mich auch eine mittelschwere Erkältung erwischt hat, die das Atmen durch die Nase so gut wie unmöglich macht. Aber ich habe ja glücklicherweise noch andere Möglichkeiten die Sauerstoffversorgung meines Körpers sicherzustelllen.

Kurz nach halb neun am 22.10.2011 treffen wir Kelsang und unseren Fahrer Sijila im Hotel und laden unser Gepäck in seinen Toyota Landcruiser. Dabei fällt auf, der Wagen hat nur fünf Sitzplätze, wir sind jedoch zu sechst. Doch in der Tat ist im Landcruiser im Kofferraum ein Notsitz versteckt. Wir verlassen Lhasa westwärts und folgen dem Tal, das von mächtigen Bergkuppen gesäumt wird. Nach wenigen Kilometern passieren wir einen Checkpoint, an dem unser Fahrzeug registriert wird, nach einigen weiteren Kilometern gefolgt von einem weiteren Checkpoint, wobei der Vorgang angeblich dazu dient, Geschwindigkeitsverstöße zu ahnden, da die Zeit gemessen würde. Schwer zu glauben in einem Land, das Technik billig produziert und wo Überwachungsanlagen allgegenwärtig sind. Unterdessen erfahren wir, dass Tibeter ihre Häuser jedes Neujahr mit anderen bunten Gebetsfahnen schmücken auf dem Dach schmücken, die dort dann ein Jahr verweilen und aufgrund staatlicher Anordnung auch eine chinesische Fahne auf den Gebäuden weht.

Langsam aber stetig winden wir uns, endlosen Serpentinen folgend, zu unserem ersten Gebirgspass auf 4.700m ü.d.M. und haben plötzlich, von bunten Gebetsfahnen umringt den atemberaubenden türkisen Yamdrok-See vor uns liegen, dem wir nach einem kurzen Halt auf dem Pass einen Besuch abstatten. Ein Bad im See entfällt wegen der Temperaturen, aber zumindest eine Hand wird in den heiligen See gehalten, um umgehend in der wärmenden Hosentasche zu verschwinden. Auf unserem Weg zum Gyatse-Kloster passieren wir den Fuß des Kharola-Gletschers auf 5560m ü.d.M. gelegen, dessen mächtiger Gipfel sich vor uns auf ca. 7.200m erhebt. Nach unserem Klosterbesuch fahren wir weiter zur zweitgrößten Stadt Tibets, Shigatse, haben unser Abendmahl mit Kelsang in einem spartanischen, aber authentischen tibetischen Lokal und kriechen unter unsere Decken im unbeheizten Raum, bevor die Temperaturen auf frostiges Niveau fallen.

Die Pfützen im Innenhof unseres Hostels sind noch gefroren, als ich mich um 7.30 Uhr auf den Weg zur heißen Dusche mache, die zu meiner unangenehmen Überraschung gar nicht heiß, sondern eiskalt ist. Auf mein freundliches Nachfragen wird jedoch das Warmwasserventil aufgedreht und nun macht Duschen auch Spaß. Am Vormittag sehen wir uns ein weiteres und zum Glück vorerst auch letztes Kloster an, während Kelsang unsere Permits für den Mt. Everest Nationalpark besorgt und gehen anschließend in ein von Einheimischen besuchtes Restaurant, wo man eifrig bemüht ist, die tibetische Speisekarte, die auf dem Tisch steht, verschwinden zu lassen und stattdessen eine englischsprachige Ausgabe bringt, in der die Preise direkt um 50% angehoben sind. Wir lehnen freundlich, aber bestimmt ab und können dank Kelsang von der Originalausgabe ordern. Doch wo ich dies gerade schreibe und überlege wie viel wir bezahlt haben, kommt in mir der Verdacht auf, dass wir doch zum Touripreis abgerechnet wurden.

Gut gesättigt brechen wir auf und können die malerische Landschaft genießen, überqueren einige Pässe, bis sich auf einmal am Horizont der Mt. Everest erhebt. Obwohl ich dies so nicht erwartet habe, ist es doch ein bewegender Moment, diesen schneebedeckten Koloss, inmitten der ihn umgebenden Gipfel live, wenn auch in weiter Ferne, zu erblicken. Nachdem sich unsere erste Aufregung gelegt hat, setzen wir unsere Reise fort und erreichen schließlich die recht trostlose Ortschaft Sheker, wo wir nächtigen, wie gewohnt ohne Heizung, dafür mit undichter Einfachverglasung, bis tief in die Nacht bellenden Straßenhunden, ohne Bad und Toiletten, die aus Löchern im Boden der ersten Etage bestehen. Zumindest gibt es einen Gemeinschaftsraum, der auch als Restaurant fungiert und dem wir uns wärmen und sättigen.

Am nächsten Morgen heißt es, schnell die Sachen gepackt und an einem heißen Glas Tee gewärmt und schon brechen wir auf in Richtung Mt. Everest. Nach ca. 10 Minuten Fahrt biegen wir von der asphaltierten Hauptstraße auf eine Schotterpiste und Erinnerungen an die Mongolei werden wach, doch sitze ich diesmal im bequemen Landcruiser und nicht im streng funktionalen Purgon, was eine gewisse Distanz zwischen Straße und Reisendem schafft. Zwei Militärcheckpoints, an denen unsere Tibeterlaubnis und Pässe kontrolliert werden, etlichen Serpentinen und unzähligen Schlaglöchern später, halten wir in einem kleinen Örtchen, um Kelsangs Schwester zu besuchen, die dort mit ihrem Gatten, den ihr ihre Eltern arrangiert haben, ein kleines Hotel betreibt. Aber Hotel ist nicht gleich Hotel und schon gar nicht in den Bergen Tibets, aber wir werden aufs herzlichste begrüßt und mit Milchtee, Pellkartoffeln mit Chili und einer festen Form von Tsampha, einem Brei aus Gerstenmehl, Zucker, Butter und Wasser, willkommen geheißen, während neben uns auf traditionelle Art und Weise Butter gestampft wird. Nach dieser interessanten Unterbrechung fahren wir weiter zum Mt. Everest Basecamp, mit einem kurzen Zwischenstopp am Robukhkloster, wo wir ca. 8km vor dem Basecamp halten, mit einem „Wow“ aus dem Auto steigen, um unsere Unterkunft für die Nacht zu buchen. Doch es sind bereits alle günstigen Betten vergeben und so entscheiden wir uns dafür, bei Kelsangs Schwester zu nächtigen. Am Basecamp werden unsere Permits und Pässe ein letztes Mal geprüft, ehe wir einen kleinen Hügel erklimmen und dort in Schnee und eisigem Wind den mit 8844m höchsten Berg der Erde auf uns wirken lassen. Wer weiß, ob ich ihm in meinem Leben noch einmal so nahe komme. Noch einen letzten Blick geworfen und ein letztes Foto geschossen und schon sitzen wir wieder im Landcruiser, auf dem Weg zu Kelsangs Schwester, die sichtlich erfreut ist, uns so schnell wiederzusehen und uns gleich in das sonnendurchflutete, traditionell, aber gemütlich eingerichtete, mit Ofen und Stereoanlage versehene Gästewohnzimmer bittet und uns dort Tee reicht. Als sich die Sonne wärmende Sonne hinter den uns umgebenden Bergen senkt und der klare funkelnde Sternenhimmel über uns spannt, entzündet Kelsangs Schwester das Feuer aus Dung im Ofen und die könnte eine Erklärung für jüngste Diarrhoe sein, denn haben doch dieselben Hände, die den Dung ins Feuer legen, mittags Kartoffeln gereicht und Tsampha geknetet. Nach dem Abendbrot werden im Schein der Energiesparlampe noch ein paar Karten geklopft, bevor wir friedlich einschlummern.

Mittlerweile haben wir Dienstag, den 25.10.2011 und für heute ist unser Grenzübertritt nach Nepal angesetzt. Doch zuvor will eine 8-stündige Fahrt bewältigt werden und somit brechen wir recht zeitig, weit vor Sonnenaufgang auf. Die aufgehende Sonne bescheint den Mt. Everest und so bekommen wir zum Abschied noch einmal ein atemberaubendes Panorama geboten, bevor wir uns auf der Asphaltstraße wiederfinden, die sich Richtung Grenze windet. Ganz nebenbei erfahren wir auch, dass unser Fahrer gar nicht Sijila heißt, denn Sijila bedeutet „Fahrer“, etwas spät für meinen Geschmack. Ungefähr eine Stunde bevor wir die Grenze erreichen und nachdem wir unseren letzten 5000-er Pass passiert haben und nun langsam aber stetig an Höhe verlieren, beginnt sich die Vegetation zu verändern, sie wird reicher, grüner, es wird wärmer, wohliger, die Luftfeuchtigkeit nimmt zu. An der Grenze selbst herrschen fast tropische Bedingungen, Bananenbäume sind zu sehen, welch willkommene Abwechslung nach der tibetischen Kälte. Noch ein letztes Verkehrschaos im Grenzort gemeistert, Geld getauscht, den Chinesen all unsere Bücher bei der Grenzkontrolle gezeigt und schon finden wir uns im chaotischen, lauten, bunten, warmen, geschäftigen, lebendigen, dreckigen, freundlichen Nepal wieder….

Click to Watch VideoClick to Watch Video

About Steffen

Born in 1980 in good old Magdeburg in the GDR (German Democratic Republic). Stayed there for a while, than went to Cuba for a few months. Afterwards finished my studies of business and computer science and started to work in a big consultant enterprise. Quit this job for obvious reasons. Due to the lack of goodwill at the ZVS I started to work as a freelancer in the sector of SAP consulting in Cologne. Planned to do this only for a few months, now nearly passed by two years. Well, time to move on...
This entry was posted in Uncategorized. Bookmark the permalink.

4 Responses to Von China nach Nepal – übers Dach der Welt

  1. Ande says:

    Hammer Bilder. Und ein schönes Fell bildet sich da nördlich und südlich deiner Nase. du gefällst mir sehr, behalt das bitte so bei.

  2. Lars says:

    Hey Steffen,

    weiß was du demnächst machen kannst: Reisefotograf und -autor. Deine Bilder sind sehr schön und respektvoll, überraschend und meistens scharf 😉

    Hoffe, dir geht es gut – hab noch weiter viel Spaß und sag Bescheid wenn du im warmen Süden angekommen bist, damit wir ein Treffen vereinbaren können…

  3. Lars says:

    …hey leider kann ich weder mit Firefox, Opera oder Google Chrome deine Videos ansehen oder sollte das nur Ton sein? Dann hört es sich zumindest lustig an – bei Video1 ab Sek. 11-14 scheint jemand “mitzurappen”…

Leave a Reply