Aus meinem Zugfenster kann ich gut die Veränderung in Landschaft und Flora entlang der Gleise von Goa nach Kerala beobachten und so sind mir die zunehmend fruchtbaren Böden, die Dichte der Palmen, die Vielzahl der Flüsse und Kanäle, die Reisfelder und die dschungelartigen Waldgebiete nicht entgangen. Auffällig sind auch die rocktragenden Herr!schaften. Im Süden Indien wird der Lunghi (o.a. Dothi) – eine Art Sarong, nach neuerster Mode kariert und in Braun-, Grau- und Blautönen – von den Herren der Schöpfung um die Hüften gewickelt und kann morgens und abends, so lange es kühl ist, bis zu den Knöcheln, bei der (nach-)mittäglichen Hitze auch nur bis zu den Knien getragen werden.
1957 gewann das erste Mal in der Geschichte unseres Planeten eine kommunistische Partei in offenen und freien Wahlen in Kerala und wechselt sich seitdem mit der Kongresspartei an der Spitze des Bundesstaates ab. Dies führt zu einer eigentümlichen Situation. Kerala hat ein für Indien überdurchschnittlich gutes Gesundheitssystem und Bildungsniveau, aber es kommen keine Investoren, da die Arbeitnehmer mit „zu vielen“ Rechten ausgestattet sind und somit sind junge Fachkräfte dazu gezwungen, nach Bombay, Bangalore und Chennai abzuwandern.
Während der Bahnhof von Ernakulam und auch die Fahrt zum Hostel im Dunkeln nicht viel Gutes vermuten läßt, so bin ich doch positiv überrascht bei meinem Spaziergang durch Fort Cochin und dessen kolonial anmutende Gässchen, die sich neben einem Zufluss zum Meer über eine Halbinsel erstrecken. Die Hauptattraktion sind die vor Ewigkeiten von chinesischen Immigranten eingeführten „Fischernetze“. Auf großen Plattformen sind diese Netze an einem über das Wasser reichenden Balken gespannt und werden mit reiner Muskelkraft unter Ausnutzung der Hebelgesetze hinabgesenkt und dann mit hoffentlich reichlich Fisch wieder hinaufgeholt. Was vor Jahrhunderten die Fischerei erleichterte, dient heutzutage hauptsächlich dazu, Touristen zu attrahieren und als Postkarten- und Fotomotiv. Wäre ich mit einer eigenen Küche gesegnet, so wäre das entlang der Netze offerierte frische Seafood verlockend.
Überall in den Straßen und Gassen weht hier und dort eine rote Fahne, winken Marx und Engels mir zu, was mich ein wenig vergangene Zeiten in meiner Heimat erinnert, aber zugleich etwas grotesk wirkt.
Bei meinem Spaziergang finde ich auch die Ursache für das seltsame Preisniveau in meiner Herberge, denn da hat sich offensichtlich eine umtriebige Unternehmerin ohne Reputation einen Namen verpasst, der sich von dem in Reiseführern empfohlenen nur durch die eingefügte Silbe „la“ und die günstigere Lage direkt am Eingang zu Fort Cochin unterscheidet. Eine geschickt platzierte Falle, aber da ich am nächsten Tag weiterreisen will, lohnt ein Umzug nicht mehr. Stattdessen genehmige ich mir ein ordentliches Stück Apfelkuchen. Man muss sich ja auch mal was gönnen.
Für den 7.1. habe ich mir vorgenommen in das nahe gelegene Alleppey zu fahren und von dort die Backwater zu erkunden. Die Fahrt selbst ist recht indisch, aber unspektakulär. In einem der lokalen Busse, die nicht mit Fenstern, aber dafür mit Rollos für die Monsunzeit ausgestattet sind, geht es durch Cochin, bis der Fahrer mir das vereinbarte Zeichen gibt und ich an einer Kreuzung aus dem Bus springe. Dort soll in wenigen Minuten der Bus nach Allepey vorbeikommen, was er auch tut. Gerade als ich meinen Rucksack in das Gefährt hieven will, versichere ich mich noch einmal des Zielorts und siehe da, der Bus fährt natürlich nicht nach Allepey, so wie mir alle anderen an der Kreuzung wartenden Inder bestätigt haben. Der richtige Bus komme gleich. Diesmal ist er es auch und da alle Sitzplätze belegt sind, verbringe ich die einstündige Fahrt stehend und leicht gebeugt, da die Höhe des Daches der Körpergröße des durchschnittlichen Inders angepasst ist und mit vermuteten 1,70 unter der meinigen liegt. Dafür lerne ich Ajith kennen, einen dieser jungen, gut Ausgebildeten, der es auch vorzog sein Unternehmen in Chennai zu gründen und von dort aus zu arbeiten und mir einiges zur Geschichte seiner Familie und Keralas erzählt.
Unsere Einfahrt in Allepey wird wieder begleitet von den roten Fähnchen und Plakaten kommunistisch-sozialistischer-was-auch-immer-Ikonen. Als Bleibe habe ich mir das Vrindayanam Heritage Home ausgesucht und der Rickshawfahrer bringt mich für den Bruchteil der Summe, den ich in Goa für die gleiche Strecke berappen müsste zu meinem Ziel. Ob ich denn bereits ein Zimmer gebucht habe, fragt er mich und ich bejahe dies, obwohl es nicht stimmt und sage ihm er könne weiterfahren. Naja, er würde dann trotzdem mal meinen Rucksack reintragen und zack ist er verschwunden und quatscht mit dem Personal, für mich unverständlich, aber die Blicke verraten einiges und so wundere ich mich nicht, als ich mir das Zimmer ansehe und den Preis erfrage – mein Freund der Rickshawfahrer ist immer noch vor Ort – ,dass noch einmal Blicke getauscht werden und der Preis ca. 100 Rps. höher liegt als er laut Internet liegen sollte. Auf meine Frage, ob der Preis denn schon die Kommission für den Fahrer enthalte, reagieren alle Beteiligten mit gespielter Empörung. Nein, Kommission, so etwas würde es hier nicht geben. Tja was soll ich machen. Das Zimmer ist schön, mit Bambusmatten und Malereien an den Wänden und die Räume liegen in einem 180 Jahre alten Gebäude u-förmig um einen gepflegten Garten, in dem sich neben Bäumen und gemütlichen, mit reichlich Kissen ausgestatteten Sitzecken auch ein kleines Restaurant befindet. Ich bleibe.
Vom Hostel bis zum Strand sind es nur 10 Minuten Fußweg und außer mir sehe ich vorerst keinen anderen Touristen. Auch der Strand ist zum Sonnenuntergang – im Gegensatz zu all meinen bisherigen Erfahrungen in diesem Land – mit Familien, Männer, Kindern, jungen Pärchen, Frauen, Jungs und Mädchen gefüllt. Und die grüßen mich, ja die winken und lachen tatsächlich und keine(r) guckt grimmig. Ich schaue mich fragend um, soll das wirklich noch Indien sein?!
Positiv fällt in Kerala auch auf, dass es sauberer ist als der bisher von mir bereiste Teil Indiens. Nicht, dass es dort keinen Dreck gäbe und auch die schillernden Verpackungsmaterialien kann man finden, aber man begegnet ihnen nicht permanent. Zudem gibt es in Kerala anscheinend nicht das gleiche Ausmaß an Armut. Zumindest nehme ich es nicht so stark war, auch begegnen mir so gut wie keine Bettler und selbst die Händler und Taxi- & Rickshawfahrer sind entspannter. Gut, auch diese preisen ihre Dienste an, aber nicht mit der nervenaufreibenden Penetranz, wie ich sie bereits an anderen Orten in Indien erlebt habe. Und so kann ich mal einen entspannten Tag am Strand zwischen ein paar auf Land liegenden Fischerbooten verbringen, ohne dass mir jemand auf die Nerven geht, was äußerst gut tut.
Aber ich bin ja nicht nur zum Vergnügen da, man muss ja auch was sehen und da sich zwischen Alleppey und Kollam die berühmten Backwater ins Hinterland erstrecken, habe ich eine kleine Schiffsfahrt geplant. Ursprünglich wollte ich von Alleppey bis nach Kollam mit der Fähre fahren, eine Tagestour durch die Hauptkanäle. Aber dann bin ich mir doch nicht sicher, ob das nicht ein bisschen boring wird mit der Zeit und habe mich kurzerhand für den zweieinhalbstündigen Trip nach Kottayam mit der governmental ferry entschieden. Natürlich hätte man das auch individuell machen können, mit einem der etlichen privaten Anbieter, aber der unschlagbare Preis von 10 Rps. ggü. den verlangten 400-800 Rps. pro Stunde im Privatsektor, macht mir die Entscheidung leicht.
Und in der Tat die Fahrt beginnt ganz aufregend, es geht durch enge Kanäle auf die Seen, in denen sich das Licht der Morgensonne glitzernd spiegelt, vorbei an Reisfeldern und Palmen und Bananenbäumen. Es hat ein wenig vom Spreewald, nur eine Nummer größer. Wir halten hier und dort, Frauen mit Sonnenschirmen steigen ein und aus, Männer in Dothis kommen und gehen und allerlei Fracht wird an und von Board gebracht. Wir begegnen den kleinen Booten, auf denen die Menschen durch das Netz der Wasserstraßen paddeln, passieren Brücken und Häuser, aber auch kleine schwimmende Müllinseln sind auf den Hauptverkehrswegen keine Seltenheit. Es ist interessant das Leben zu beobachten, dass sich am Wasser abspielt, seien es die Menschen, die (sich) darin waschen, es zum kochen verwenden, Fisch darin fangen, den Reis damit bewässern, oder die scheinbar unendliche Vielfalt an Wasservögeln, die auf und entlang des Wasser posiert.
Immer wieder begegnen wir den umgebauten Reisbarken, die nun klimatisierte „Zimmer“ beherbergen und mit Käpt’n, Mannschaft, samt Koch und passgieren für mehrere Nächte durch die Backwater kreuzen. Als wir schließlich in Kottayam anlegen, ist mein Bedürfnis an Backwater gestillt und ich bin froh, nicht die Tagestour nach Kollam gebucht zu haben. Dafür gibt es in einem Restaurant für Einheimische Mittag, deren Bedienstete bemüht sind, mich und Ana aus Uruguay, die die gleiche Idee hatte wie ich, auf die für Touristen „geeignetere“ Dachterrasse zu lotsen. Wollen wir aber nicht und so bekommen wir für 30 Rps. (50 Cent), Reis mit Curry, Gemüse und Wasser im Krug. Auf das Wasser verzichte ich aus offensichtlichen Gründen, aber das Essen schmeckt und bekommt.
Ana hat im Gegensatz zu mir auch etwas recherchiert und so machen wir uns auf zum Bus, der uns zu dem Dörfchen Kumarakom bringen soll. Tatsächlich bringt er uns zur „Touristeninformation“, wo die Bootstouranbieter schon wie die hungrigen Haie auf uns lauern. Nach einigen Minuten der Diskussion – wir wollen lediglich wissen, wo es etwas Nichttouristisches zu sehen gibt – erklärt sich einer der Mitarbeiter bereit, unser Guide zu sein – kostenfrei sogar. Und so kommen wir in den Genuss einer Privatführung durch die kleine Gemeinde entlang der schmalen und nicht kommerziell befahrenen Kanäle, dürfen beim Bootsbau zuschauen, den Kindergarten besuchen und bekommen Kokosnüsse – gegen Bargeld, bevor wir uns auf den Rückweg machen, wo wir allerdings wieder einmal feststellen, dass die Informationen, die man in Indien bekommt, mit großer Vorsicht zu handhaben sind. Denn anstelle der angekündigten „alle 20 Minuten“ verkehrt die Fähre zurück nur stündlich. So haben wir noch die Ehre eine ganze Bande des lokalen Nachwuchses kennen zu lernen, die uns nach allen Regeln der Kunst interviewen und sichtlich Spaß dabei haben, bevor wir per Boot nach Muhammar fahren und von dort den Bus nach Hause nehmen.
Als ich mich am nächsten Tag an die Weiterreise mache, finde ich es eigentümlicherweise gar nicht mehr ungewöhnlich, dass aus den angekündigten 10 Minuten Verspätung des Busses 40 und aus zwei Stunden Reisezeit mal eben drei werden. Man gewöhnt sich an alles und mit ein wenig mehr Gleichmut ist es nur halb so wild. So lande ich schließlich in Varkala, einem Örtchen direkt an der Küste gelegen und im Reiseführer als Kleinod und Zentrum für Yoga und Ayurveda beschrieben, was zunächst nur dadurch auffällt, dass scheinbar keine brauchbaren Zimmer unter 10€ zu haben sind, oder ich habe schlicht an den falschen Stellen gesucht.
Der Bereich des Ortes, in dem sich die Touristen, von denen es hier gar nicht mal so wenige gibt, aufhalten, liegt etwas abseits des Zentrums zwischen zwei Stränden an und hinter einem Abschnitt eindrucksvoller Steilküste und ist gespickt mit Ayurveda-Kliniken, Yogaschulen, ayurvedischen Spa’s, und dergleichen, an denen ich mich jedoch gekonnt vorbeischleiche und so ungehindert die Steilküste erreiche, wo ich ein stärkendes Mal in einem der zahlreichen Restaurants, die zwischen den Souvenirshops und Ayurveda-Massagesalons drapiert sind, zu mir nehme und mich dabei auf Augenhöhe mit den kreisenden Seeadlern und anderen Greifen befinde, die so ziemlich der gleichen Beschäftigung nachgehen wie ich. Ein beeindruckendes Schauspiel, wenn diese erhabenen Vögel in scheinbar greifbarer Nähe vorbeigleiten, um sich nur Sekunden später in die Tiefe zu stürzen, wenn sie Beute in den brandenden Fluten, die auf die felsige Küste prallen, erspäht haben.
Von der Steilküste ist auch der Hauptstrand Varkalas einsehbar, welcher durch eine hohe Population sonnenbadender Menschen und bunter Sonnenschirmchen bereits aus der Ferne negativ auffällt und so verhindert, dass ich mir die Mühe des weiten Weges mache. Stattdessen begebe ich mich zum Black Beach, der wesentlich kleiner, nicht ganz so goldig besandet, nur bei Ebbe betretbar, aber dafür wesentlich ruhiger ist und stürze mich in die angenehm temperierte Arabic Sea.
Nachdem ich dort auch den beeindruckenden Sonnenuntergang ausgiebig genossen habe, mache ich mich auf den Rückweg zu meinem Zimmer, vorbei an den nun entlang der Steilküste präsentierten Angeboten der Restaurants an frischem Seafood, wobei es schon bedauerlich ist, dort Tiere wie den eleganten Segelfisch, oder farbenfroh schillernde Hummer dort leblos im Neonlicht vor sich hin aasen zu sehen.
Um meine Reise gemäß meinen Plänen wunschgemäß fortsetzen zu können, suche ich auch direkt am Anreisetag – und nicht, wie bereits in der Vergangenheit praktiziert, am Abreisetag, was nur Schwierigkeiten mit sich bringt – ein Reisebüro auf und versuche mein Zugticket für die Weiterfahrt nach Pondicherry, an der Ostküste Indiens nahe Chennai (aka Madras) gelegen, die in vier Tagen sein soll, zu buchen. Nach eingehender und zeitaufwändiger Konsultation der Webseite der Bahngesellschaft durch den Inhaber der Agentur, was prinzipiell auch für mich machbar wäre, allerdings scheitert bei mir die Buchung dann an mangelnder indischer Kreditkarte und Adresse, teilt er mir mit, dass es leider keine Tickets mehr in der gewünschten Klasse gäbe. Nun könne er mir nur noch Fahrkarten der 1. Klasse oder Bustickets anbieten, die jedoch anstelle von ca. 275 Rupees (ca 4,5€) dann 1200-1800 Rps. (ca. 20-30€) kosten würden. Dazu kämen auch noch seine – sehr faire – 100 Rps (1,5€) an Kommission. So wirklich glücklich ist der gute Mann damit nicht und nachdem er wenig auf typisch indische Weise mit seinem Kopf gewackelt und hin und her überlegt hat, schlägt er mir vor, doch am nächsten Morgen zum Bahnhof zu fahren und dort zu versuchen eines der nur direkt bei der Bahngesellschaft erhältlichen Touristentickets aus Sonderkontingenten zu erwerben.
Gesagt – getan und so komme ich am nächsten Tag in den Genuss eines günstigen Tickets und voller Dankbarkeit begebe ich mich zum Büro der Reiseagentur, um dem freundlichen Menschen seine Kommission zu geben, denn immerhin hat er ja – wenn auch indirekt – dafür gesorgt, dass alles wunschgemäß lief. Doch als ich ihm die 100 Rps. auf den Tisch lege und erkläre, dass ich denke er hätte dies für seine Hilfe verdient und schließlich hätte er ja auch dafür gearbeitet, hebt er abwehrend die Hände und entgegnet, also das könne er nun nicht annehmen, schließlich habe er mir kein Ticket verkauft und nur weil er mir die Informationen gegeben und geholfen hätte, was selbstverständlich sei, also da könne er ja nun kein Geld für nehmen. Auch mein beharrliches insistieren kann seinen Sinn nicht wandeln und so verlasse ich mit meinen 100 Rps. in der Tasche und zutiefst beeindruckt von diesem für mich indischen Novum seine Agentur.
Da der Himmel grad bewölkt ist und somit der Strand wenig verlockend erscheint, nutze ich die Gunst der Stunde, um mich dem Schreiben des Blogs zu widmen und bei Durchsicht der Dateien und Bilder fällt mir auf, dass ich im Rahmen der Migration von meinem Netbook auf mein Macbook einen ganzen Haufen an Windowsmüll und Ballast übernommen habe, für den es nun höchste Zeit ist, zu gehen. Um nicht alles mühselig einzeln per Hand löschen zu müssen und mit dem Wissen im Hinterkopf, dass Mac OS auf Unix basiert und so mächtige Kommandozeilenoperationen ermöglicht, mache ich mich mittels Google auf die Suche nach einer Lösung für mein Problem, werde auch fündig, muss die Parameter nur an meine Bedürfnisse anpassen und führe ihn aus. Scheinbar ist nichts passiert, zumindest kam keine Fehlermeldung, das könnte ein gutes Zeichen sein. Ist es aber leider nicht, denn neben dem Windowsmüll sind etwa 50% meiner persönlichen Daten wie Dokumente, Filme, Programme, Bücher, einige Bilder und einiges mehr verschwunden und da der Unixbefehl zum Löschen keine Wiederherstellungsoption kennt, wohl zum größten Teil unwiederbringlich. Aber probieren will ich es doch wenigstens und verbringe so den Rest des Tages und die halbe Nacht damit Datenrettungssoftware aus dem Internet auf meinem Laptop zu „testen“, mit mäßigem Erfolg. Immerhin sind alle Systemdaten erhalten und auch die wichtigsten Dokumente konnte ich wiederherstellen, oder hatte sie extern gesichert. Zumindest hat mich die Aktion gehörigen Respekt vor der Unix-Kommandozeile gelehrt.
Nach diesem arbeitsreichen Ereignis, habe ich das Gefühl, ich sollte mir etwas mehr Strand gönnen, was ich am Folgetag auch gleich am Vormittag in die Tat umsetze, mich aber nach zwei Stunden bereits wieder entferne, da die Sonne einfach zu stark ist und ich mir scheinbar einen kleinen Sonnenstich eingefangen habe, jedenfalls ist das meine Erklärung für das Schwindelgefühl und die Übelkeit, die mich befallen haben und dafür sorgen, dass ich den Rest des Tages im Bett verbringe, das Abendbrot mühsam in mich reinquäle und fast die ganze Nacht wach liege. Nach satten zwei Stunden Schlaf, versuche ich mich wieder mal als Autor und schaffe es sogar in der Verfassung meinen Blogpost fertig zu bekommen, wer hätte das gedacht. Dumm ist nicht der, der Fehler macht, sondern der, der nicht aus ihnen lernt. Ich versuche zu lernen und gehe erst am Nachmittag an den Strand, nach dem die Sonne erträglich geworden ist, was mir einen angenehm entspannten und erholsamen letzten Tag in Varkala beschert.
Ein letztes Mal noch begebe ich mich zum Cliff und beobachte die jagenden Raubvögel, während ich mein Frühstück zu mir nehme, bevor es per Rickshaw zum Bahnhof Varkalas geht, von wo aus mich der Zug nach Trivandrum bringen soll. Dort werde ich diesen wechseln und über Nacht nach Villupuram fahren, von wo aus es per Bus nach Pondicherry, einer alten französischen Kolonialstadt weitergeht. Die Reise ist für indische Verhältnisse recht knapp geplant, habe ich doch nur ca. eine Stunde Aufenthalt in Trivandrum und als mein Zubringer mit ca. einer Stunde Verspätung schließlich Varkala verlässt, bin ich mir ziemlich sicher, mich in Trivandrum nach einer alternativen Lösung umschauen zu müssen. Doch wie durch ein Wunder erreichen wir den Bahnhof 20 Minuten, bevor der Zug abfahren soll und dieser steht auch noch nicht einmal auf dem Gleis. Und als wäre dies noch nicht genug an Überraschung, ist er auch ausnahmsweise mal nicht gnadenlos überfüllt, was ein Nickerchen möglich macht, ohne dass sich ständig jemand auf die Füße setzt oder pausenlos die Telefone klingeln.
Ich erwache pünktlich zum Abendbrotzeit, meine beiden Abteilsgenossen haben gerade ihre Papierpakete mit Curry und Reis erworben und der fliegende Händler ist bereits entschwunden, aber schon ist der nächste zur Stelle. Als ich ihn frage ob, das auch Reis und Curry sei, was er anbiete, verneint er und erklärt mir in einer der vielen in Indien gesprochenen, aber von mir nicht verstandenen Sprachen, worum es sich handele. Ist zwar etwas teuer mit 250 Rps. aber gut, ich will es mal probieren. Die verwunderten Blicke der Inder klären sich auf, als ich das Paket öffne und statt schmackhaftem Abendessen eine geleeartige klebrige und unendlich süße Masse vorfinde, von der ich nicht einen Bissen herunterbekomme, was meine indischen Freunde sehr belustigt und da der Zug sich schon in Bewegung gesetzt hat, kann ich auch leider nichts anderes mehr erwerben. Doch Gottseidank ist da ein mitfühlender Inder, der ein Paket Kekse aus seiner Tasche zaubert, mir ohne eine Gegenleistung zu akzeptieren in die Hände drückt und als ich dieses heißhungrig und in Rekordzeit verzehrt habe, auch noch ein zweites vermachen will, was ich jedoch ablehne. So muss ich nun wenigstens nicht mit vollkommen leerem Magen in den Schlaf finden, was mir beim monotonen Rattern der Räder auf den Schienen nicht schwer fällt…